Inland

Wie die SPD Studierenden in der Coronakrise helfen will

CDU-Bundesministerin Anja Karliczek will Studierenden in der Corona-Krise nur mit zinslosen Darlehen über die Runden helfen. Das trifft auf den Widerstand der SPD-Fraktion. Es müsse auch staatliche Zuschüsse geben, fordert Fraktionssprecher Oliver Kaczmarek.
von Benedikt Dittrich · 22. April 2020
Das Sommersemester beginnt in der Corona-Krise ohne Präsenzveranstaltungen an deutschen Hochschulen.
Das Sommersemester beginnt in der Corona-Krise ohne Präsenzveranstaltungen an deutschen Hochschulen.

Nebenjob weg, Praktikum abgebrochen, Bibliothek zu: Die Coronakrise trifft auch Studierende hart. Die SPD möchte deswegen möglichst schnell den Zugang zum Bafög vereinfachen und ausweiten, doch die zuständige CDU-Ministerin Anja Karliczek bleibt hart. Sie will den Studierenden nur zu günstigen Krediten verhelfen, schließt aber staatliche Unterstützung bisher aus. Deswegen ist der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Oliver Kaczmarek, wenig begeistert von der Bildungsministerin der Christdemokraten. „Die Ministerin stellt sich quer“, kritisiert er, „das ist ein echter Konflikt“.

Viele Studierende hatten vor der Corona-Krise einen Nebenjob, mit dem sie ihr Studium finanziert haben, beispielsweise in der Gastronomie. Doch all diese Minijobs fehlen derzeit, deswegen fehlen den Studierenden ihre Einnahmen. Ihnen lediglich ein Darlehen anzubieten, also Schulden aufzunehmen, hält Kaczmarek für völlig falsch. Den Studierenden sollten stattdessen Zuschüsse gewährt werden, wie sie auch anderen Bevölkerungsgruppen derzeit zukommen, die von der Coronakrise bedroht sind – ob nun per Kurzarbeitergeld oder Soforthilfe.

Beihilfe statt Darlehen beantragen

Außerdem sei eine Bank der „völlig falsche Ort“ für eine Unterstützung der Studierenden. Mit dieser Kritik steht die SPD nach Angaben von Kaczmarek auch an einer Seite mit den Hochschulrektorenkonferenz, dem Studierendenwerk sowie den Landesminister*innen: „Alle halten den Vorschlag der Ministerin für unbrauchbar.“ Auch die Juso-Hochschulgruppen halten Hilfskredite für den falschen Weg. Bundesvorstandsmitglied Oliver Nerger warf der CDU-Politikerin jüngst im vorwärts ein „Versagen auf ganzer Linie“ vor.

Vielmehr seien die Bafög-Ämter die richtige Anlaufstelle für die Hilfen, da sie die Lebenslagen der Studierenden am besten kennen. Dort sollten nun Bafög-Anträge vereinfacht und beschleunigt werden, so schlägt es die SPD-Fraktion vor – beispielsweise über eine vereinfachte Prüfung. So wie derzeit bei den Anträgen auf Grundsicherung die Vermögensverhältnisse weniger umfassend geprüft werden, könnten auch die Bafög-Anträge schneller bewilligt und die Unterstützung ausgezahlt werden.

SPD will Notfall-Lösungen schaffen

Kaczmarek sieht derzeit vor allem eine Gruppe von Studierenden in einer Notlage: „Die, die normalerweise kein Anrecht auf die Ausbildungsbeihilfe Bafög haben, deren Eltern aber jetzt zum Beispiel Kurzarbeitergeld bekommen.“ Durch das gesunkene Gehalt hat der Nachwuchs dann Anrecht auf die staatliche Beihilfe, die nach dem Studium nur zur Hälfte zurückgezahlt werden muss. Dazu zählen beispielsweise junge Erwachsene mit mehreren Geschwistern oder Familien, bei denen die Eltern zwar berufstätig sind, aber nicht so viel Geld verdienen, dass sie all ihren Kindern komplett die Ausbildung finanzieren können. „Das sind die, die schon vorher an der Grenze zum Bafög-Anrecht standen“, erklärt Kaczmarek. „Für die müssen wir Notfall-Lösungen schaffen.“

Schließlich müssten auch diese Studierenden weiterhin ihre Miete zahlen und etwas zu Essen kaufen können. Studierende, die noch einen Nebenjob in einer systemrelevanten Branche haben, also beispielsweise als Erntehelfer*innen arbeiten, können sich aber schon darüber freuen, dass ihr Nebenjob zumindest nicht auf das Bafög angerechnet wird. Nach den Vorstellungen der SPD sollte diese Lösung nur für die Dauer der Krise gelten. Darüber hinaus sollte das aktuelle Semester nicht auf die Studienzeit angerechnet werden. „Das wäre unsere Hoffnung“, sagt der Bundestagsabgeordnete, darüber entscheiden allerdings die Länder.

Mit Kreativität gegen Unsicherheit

„Es ist toll, was in dieser Zeit für kreative Lösungen gefunden wurden“, lobt Kaczmarek die Anstrengungen der Hochschulen, unter den aktuellen Bedingungen Lehrveranstaltungen anzubieten und die Studierenden zu betreuen. Das Semester werde sicherlich nicht weniger anspruchsvoll sein, wenn Seminare und Vorlesungen nur im Homeoffice stattfänden. „Es bleibt ein Semester mit Unwägbarkeiten und das darf nicht zum Nachteil der Studierenden werden“, so Kaczmarek, auch mit Blick auf den anstehenden Koalitionsausschuss am Mittwochabend.

Etwa zur selben Zeit wird im Bundestag darüber debattiert, wie den Studierenden bestmöglich geholfen werden kann. „Ich hoffe, dass die Ministerin dabei sieht, dass es der SPD ernst ist“, sagt Kaczmarek. „Bei uns sind alle mit im Boot“, sagt er mit Blick auf Fraktion, Parteispitze und die SPD-Minister *innen im Kabinett. Am Ende müsse es eine Lösung der Sturdierenden geben. „Das ist ein Konflikt in der großen Koalition und darüber werden wir verhandeln.“

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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