Inland

Wie die SPD im Wahlkampf mit der Familienarbeitszeit punkten will

Die Familienpolitik wird zu einem zentralen Streitthema zwischen SPD und Union im Bundestagswahlkampf. SPD-Vize Manuela Schwesig legte am Montag ihre Pläne für eine Familienarbeitszeit vor, die Familien mehr Zeit für Kinder und Pflege geben soll. Zugleich attackierte sie die Union scharf.
von Lars Haferkamp · 3. April 2017
Mehr Zeit für Familien: Das ist das wichtigste Ziel der Familienarbeitszeit der SPD.
Mehr Zeit für Familien: Das ist das wichtigste Ziel der Familienarbeitszeit der SPD.

Eigentlich sind es noch gut sechs Monate bis zur Bundestagswahl. Doch nach der Blockade wichtiger familienpolitischer Vorhaben durch die Union beim letzten Koalitionsausschuss, wird der Ton zwischen SPD und CDU/CSU in Berlin zunehmend rauer. Das wurde deutlich, als SPD-Vize Manuela Schwesig am Montag im Willy-Brandt-Haus das Modell der Familienarbeitszeit vorstellte.

Manuela Schwesig: Familien entlasten

Es sieht vor, Familien mehr Zeit für ihre Kinder und für die Pflege ihrer Angehörigen zu geben. Manuela Schwesig, die auch Mitglied in der Leitung der SPD-Programmkommission ist, forderte, die Arbeitswelt müsse familienfreundlicher werden, nicht die Familien immer arbeitsfreundlicher. Die Familien stünden heute „unter massivem Druck“ durch Arbeit, Erziehung und Pflege. Es müsse „eine neue Balance zwischen Beruf und Familie“ gefunden werden.

Um mehr Zeit für die Familie zu ermöglichen, stellte Schwesig ein Zwei-Säulen-Modell vor. Die erste Säule besteht aus dem Familiengeld. Es beträgt einkommensunabhängig 300 Euro pro Monat, 150 Euro für jeden Elternteil. Gezahlt werden soll es bis zu 24 Monate lang, die Eltern können den Zeitraum frei einteilen. Das Familiengeld richtet sich an Eltern von bis zu acht Jahre alten Kindern, die beide 26 bis 36 Stunden pro Woche arbeiten. So soll „eine partnerschaftliche Teilung“ der Aufgaben in Beruf und Familie gefördert werden, erklärte Manuela Schwesig. Väter sollten motiviert werden, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen, Frauen soll ermöglicht werden, mehr als nur Teilzeit zu arbeiten. Schwesig nannte das Familiengeld „gut investiertes Geld“ für Familien, Staat und Wirtschaft.

Martin Schulz: Familienpolitik Schwerpunkt der SPD

Die zweite Säule der Familienarbeitszeit bezieht sich auf die familiäre Pflege von Angehörigen. Schwesig schlägt hier zwei neue Modelle vor, deren Reihenfolge die Familienangehörigen frei wählen können. Zum einen soll es eine dreimonatige Freistellung von der Arbeit mit Lohnersatz geben, um Angehörige zu pflegen. Darüber hinaus soll auch bei der Pflege ein 24-monatiges Familiengeld eingeführt werden, wie es Schwesig bereits für die Kindererziehung vorschlägt. Auch hier soll es darum gehen, die Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen: Zwei Angehörige können sich das Familiengeld teilen, beispielsweise Kinder oder Geschwister der Pflegebedürftigen. Dieses „Entlastungsangebot ist dringend nötig“, betonte Manuela Schwesig. Sie verwies auf Umfragen, nach denen 71 Prozent der pflegenden Familienmitglieder unter Zeitdruck leiden und 55 Prozent unter psychischen Beschwerden als Folge der Pflege.

Schwesig wies auf die Rede von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz auf dem letzten SPD-Parteitag hin, nach der die „Familienpolitik Schwerpunkt in der Programmatik und im Wahlkampf“ der SPD sein werde. Sie kritisierte, sämtliche familienpolitischen Verbesserungen in den letzten vier Jahren habe die SPD stets gegen den Widerstand der Union durchsetzen müssen. Vieles, wie die Familienarbeitszeit oder das Rückkehrecht von einem Teilzeit- und auf einen Vollzeitarbeitsplatz, werde von CDU und CSU blockiert. Deshalb werde es auch die Familienarbeitszeit „nur mit Bundeskanzler Martin Schulz in der nächsten Legislaturperiode“ geben.

Harte Kritik Schwesigs an CDU und CSU

„Der Union ist egal, wie Familien in ihrem Alltag klar kommen“, kritisierte Schwesig. CDU und CSU hätten „keine Ideen und keinen Willen, etwas für Familien mit Kindern zu tun“. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende kritisierte ein familienpolitisches „Desinteresse“ bei „Frau Merkel und der Union“. Die jüngsten familienpolitischen Forderungen von CSU-Chef Horst Seehofer nannte sie „hilflose Versuche“, auf den Zug aufzuspringen. „Ich glaube davon kein Wort“, so Schwesig. Die Union habe auch im letzten Bundestagswahlkampf „große Versprechen“ gemacht und dann nichts getan, sie sei schlicht „unglaubwürdig“.

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