Inland

Wie die SPD in Berlin die Wahlen in Sachsen und Brandenburg interpretiert

Einen Tag nach den Wahlen in Brandenburg und Sachsen ist für die kommissarische SPD-Parteivorsitzende Manuela Schwesig vor allem ein Ergebnis offensichtlich: „Es gibt eine Spaltung in der Gesellschaft.“
von Benedikt Dittrich · 2. September 2019

Die SPD-Spitze kam am Montagmorgen mit den Spitzenkandidaten aus Brandenburg und Sachsen zur Wahlanalyse im Willy-Brandt-Haus in Berlin zusammen. Am Vormittag traten Sachsens SPD-Landesvorsitzender Martin Dulig, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke sowie die kommissarische Parteivorsitzende Manuela Schwesig gemeinsam vor die Kameras.

Schwesig, gleichzeitig auch Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, bilanzierte die Wahlkämpfe in den beiden ostdeutschen Bundesländern als stark polarisiert – was dem SPD-Kandidaten in Sachsen, Martin Dulig, geschadet, dem Sozialdemokraten Dietmar Woidke in Brandenburg hingegen geholfen habe. „Die Sorge um einen weiteren Rechtsruck hat zu einem taktischen Wahlverhalten geführt“, bilanzierte auch Dulig, „es ist traurig, dass wir das jetzt ausbaden mussten, aber es ist eben so.“ Er wolle sich seine Zuversicht trotzdem nicht nehmen lassen, sagte er.

Das Ergebnis des Urnengangs ist seit Sonntagabend klar: Die Bürger gaben mehrheitlich den großen Regierungsparteien ihre Stimme. In Brandenburg gewann deswegen, trotz herber Verluste, die SPD die Wahl, während in Sachsen die Union stärkste Kraft blieb. Lob für einen starken Wahlkampf gab es dennoch für beide Spitzenkandidaten von Schwesig. „Da ich in Brandenburg aufgewachsen bin, freue ich mich ganz besonders darüber, dass Dietmar Woidke das Bundesland gegen die AfD verteidigt hat.“ Im Zusammenhang zum Wahlmotto ergänzte sie: „Die Brandenburger wollten, dass es ein geeintes Brandenburg gibt.“

Trotz hoher Beliebtheitswerte für Martin Dulig als Spitzenkandidaten fuhr die SPD in Sachsen ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl ein – trotz guter Regierungsarbeit, wie Schwesig in der Parteizentrale in Berlin betonte.

Woidke: „Menschen wollen Stabilität“

Während Woidke die Arbeit der großen Koalition im Bund als hilfreich für den Wahlkampf vor Ort beschrieb, blieb Dulig zurückhaltender: „Wir müssen in den Ländern eigene Antworten finden“, meinte er vor allem mit Blick auf die Bürger in den ostdeutschen Bundesländern. Für Woidke sind die Wahlergebnisse hingegen ein klares Signal für die große Koalition in Berlin. „Die Menschen wollen Stabilität“, interpretierte er. Das gelte für den Arbeitsplatz, aber auch für die Politik. „Es nervt die Menschen, dass in der SPD nur über die große Koalition gejammert wird.“

Dulig sagte mit Blick auf die anstehenden Regionalkonferenzen der SPD: „Die Frage nach der großen Koalition alleine wird die SPD nicht retten. Wer das glaubt, ist naiv.“ Er erhofft sich Ideen und Leidenschaft von den Parteivorsitz-Bewerbern bei der Tour. „Wir müssen die Menschen im Prozess mitnehmen, dürfen uns nicht nur mit uns selbst beschäftigen.“

Ostdeutschland politisch stärker berücksichtigen

Thematisch sind sich Schwesig, Woidke und Dulig einig, dass Projekte, die vor allem die ostdeutschen Bundesländer betreffen, stärker in den Fokus rücken müssen. Strukturelle Nachteile gebe es seit 1990, so Schwesig, seitdem sei aber nicht viel passiert, stattdessen seien Versprechen gebrochen worden. „So geht es nicht“, kritisierte sie auch die jüngste Entscheidung, die Batteriezellenforschung lieber nach Münster als nach Ostdeutschland zu verlagern. „Wir brauchen die forschungsbasierten Arbeitsplätze“, sagte die Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, ebenso sei die Grundrente kein Wahlgeschenk, sondern grundlegend für die soziale Gerechtigkeit. Die SPD müsse vor Ort sein, aber auch in der Sache liefern.

Kompliziert dürfte die Regierungsbildung in den beiden ostdeutschen Bundesländern werden: Die vorherigen Koalitionen - schwarz-rot in Sachsen, rot-rot in Brandenburg - haben keine Mehrheit mehr. Vor allem in Brandenburg müssen die anstehenden Gesprächen zügig vorankommen: Binnen drei Monaten nach der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags muss die Regierung in Potsdam stehen, ansonsten gibt es gemäß Landesverfassung Neuwahlen.

Als erstes werde er Gespräche mit der CDU führen, erklärte Woidke am Montag, das habe er schon am Wahlabend per Telefon mit CDU-Kandidat Ingo Senftleben vereinbart. „Noch in dieser Woche sollten die stattfinden.“ Im Anschluss werde er mit den anderen Parteien Gespräche führen.

In Sachsen wäre ein Dreierbündnis aus CDU, SPD und Grünen möglich. „Die einzige realistische Option“, fasste Dulig zusammen. Auch als kleiner Regierungspartner werde man großes vollbringen können, meinte der Sachse.

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