Inland

Wie die Ministerpräsident*innen die Omikron-Welle brechen wollen

Am Freitag haben die Ministerpräsident*innen und Bundeskanzler Scholz verschärfte Maßnahmen im Kampf gegen die Omikron-Variante des Corona-Virus' verkündet. Die Länder müssen neue Regeln für Gastronomie und verkürzte Quaratänezeiten noch umsetzen.
von Kai Doering · 6. Januar 2022
Wird flächendeckend eingeführt: 2Gplus für Restaurants und Kneipen.
Wird flächendeckend eingeführt: 2Gplus für Restaurants und Kneipen.

- Nach den Vorschlagen von Kultus- und Gesundheitsminister*innen folgen auch Bundesregierung und Bundesländer den Empfehlungen zu den verschärften Kontaktbeschränkungen und Quarantänezeiten. Die neuen Regeln gelten erst nach Beschluss durch die Länder. Der Artikel ist eine aktualisierte Fassung eines Textes vom 6. Januar. -

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kündigte bereits am Montag an: Beim Treffen von Bund und Ländern am Freitag werde es neue Beschlüsse geben. Inzwischen ist klarer, wie diese aussehen könnten. Laut Beschlussvorlage, die dem „vorwärts“ vorliegt, sollen vor allem in der Gastronomie die Regeln verschärft werden. Um Restaurants und Cafés offenzuhalten, soll bundesweit und inzidenzunabhängig der Zugang zur Gastronomie für Geimpfte und Genesene nur noch mit einem tagesaktuellen Test erlaubt sein (2Gplus). Menschen, die bereits geboostert sind, müssen keinen zusätzlichen Test vorweisen. Begründet wird der Schritt damit, dass in der Gastronomie Masken nicht dauerhaft getragen werden können und so ein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht.

Der Zugang zu Kultur- und Freizeitetinrichtungen sowie Veranstaltungen und zum Einzelhandel (mit Ausnahme von Geschäften des täglichen Bedarfs) bleibt inzidenzunabhängig nur für Geimpfte und Genesene (2G) möglich.

Quarantäne soll verkürzt werden können

Eine weitere Änderung ist bei den Quarantäneregeln geplant. Strom- und Wärmeversorgung, Polizei, Feuerwehr und nicht zuletzt Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen – die kritische Infrastruktur könnte in den kommenden Wochen unter Druck geraten, wenn sich sehr viele Menschen auf einmal mit dem Coronavirus infizieren. Die Omikron-Variante verbreitet sich noch einmal deutlich schneller als Vorgänger Delta und ist mittlerweile auch in Deutschland die vorherrschende Corona-Variante. Fallen aber zu viele Menschen gleichzeitig aus, weil sie als Kontaktperson gelten oder sich selbst infizieren, könnte es in vielen systemrelevanten Betrieben Personalengpässe geben – von der Verwaltung bis zur Abfallentsorgung.

Um dem entgegenzuwirken, planen die Ministerpräsident*innen auf Grundlage einer Empfehlung des Corona-Expert*innenrats, die Quarantänezeiten für Kontaktpersonen von Infizierten zu verkürzen. Wer über einen vollständigen Impfschutz durch die Auffrischungsimpfung verfügt, soll künftig von der Quarantäne ausgenommen sein; dasselbe gilt auch für frisch Geimpfte und Genesene. Für alle anderen Kontakpersonen enden Isolation bzw. Quarantäne in der Regel nach zehn Tagen. Bisher sind es 14 Tage. Nach sieben Tagen sollen Infizierte wie Kontaktpersonen die Möglichkeit erhalten, sich durch einen PCR- oder zertifizierten Antigen-Schnelltest „freizutesten“. Bislang gibt es diese Regel nicht.

Schulunterricht systemrelevant

In vielen Bundesländern hat der Unterricht bereits wieder begonnen. In der Regel sind die Schulen geöffnet, unterrichtet wird in Präsenz, je nach Bundesland mit regelmäßigen Tests und mit Maskenpflicht.

Die Kultusminister*innen waren sich am Mittwoch im Grundsatz einig: Die Schulen sollen so lange wie möglich offen bleiben. „Das Präsenzlernen hat auch unter dem Eindruck der Omikron-Variante höchste Priorität, damit Bildungschancen weitestgehend sichergestellt und psychosoziale Folgeschäden bei Kindern und Jugendlichen verhindert beziehungsweise erkannt werden können“, heißt es im jüngsten Beschluss der Kultusministerkonferenz.

Gleichzeitig erkennen die Politiker*innen die steigende Gefahr durch die infektiösere Omikron-Variante an. Die neue Dynamik des Infektionsgeschehens werde auch in den Schulen zu spüren sein, heißt es weiter. Deswegen sollen die Quarantäneregeln für Schulen auf Landesebene überarbeitet werden. In der Beschlussvorlage der Ministerpräsident*innenkonferenz ist vorgesehen, dass Schüler*innen sowie Kita-Kinder die Kontaktpersonen von Infizierten sind, künftig die Quarantäne bereits nach fünf Tagen durch einen PCR- oder Antigenschnelltest beenden können.

„Die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs ist für Kinder und Jugendliche systemrelevant“, stellten die Kultusminister*nnen am Mittwoch fest – auch mit Blick auf weitere Einrichtungen der kritischen Infrastruktur. Dabei geht es neben dem Bildungsanspruch für den Nachwuchs also auch um die Eltern, die in anderen Bereichen arbeiten und ausfallen würden, sollten sie ihre Kinder zuhause betreuen müssen.

Impfpflicht: Keine Festlegung in Sicht

Ob die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht bei dem Bund-Länder-Treffen vorangetrieben wird, ist bisher nicht bekannt. Während in der Öffentlichkeit darüber bereits diskutiert wird, sich eine Debatte im Bundestag noch im Januar anbahnt und sich verschiedene Politiker*innen bereits positionieren, ist noch unklar, wie eine solche Pflicht konkret umgesetzt werden könnte. So oder so: Eine Entscheidung darüber müsste im Bundestag getroffen werden.

Unabhängig von einer Impfpflicht: Sowohl Bundesgesundheitsminister Lauterbach als auch die Konferenzen der Landesgesundheits- und Kultusminister*innen appellierten erneut an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. Denn mit stark steigenden Infektionszahlen könnten gerade diese Menschen sich in großer Zahl infizieren, „und die sind nicht geschützt“, so Lauterbach auf Twitter. Auch der von der Bundesregierung eingesetzte Krisenstabs-Leiter, Generalmajor Carsten Breuer, appellierte am Donnerstag an die Bevölkerung: „Lassen sie sich impfen, lassen sie sich boostern. Denn nur wenn sie das tun, haben wir eine Chance, diese Welle aufzubrechen.“

Lauterbach: Kinder schützen!

Ungeimpft sind aber neben den Erwachsenen, die bewusst auf den Pieks verzichten, auch Kinder und Jugendliche, die entweder noch nicht komplett immunisiert werden konnten oder für die es noch keine zugelassenen Impfstoffe gibt, weil sie noch zu jung sind. Erst seit wenigen Wochen sind Vakzine für Kinder ab fünf Jahren zugelassen. Deswegen sind auch neue Kontaktbeschränkungen am Freitag wieder im Gespräch, wie der Gesundheitsminister am Donnerstag durchblicken lässt. Eine „Durchseuchung“ wäre „für unsere Kinder ein absolut unverantwortbares Experiment“, so Lauterbach auf Twitter.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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