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Wie die Frauenquote für Vorstände Unternehmen verändert

Per Gesetz will die Bundesregierung dafür sorgen, dass es künftig mehr Frauen in den Vorständen von Unternehmen gibt. Was das verändert, zeigt ein Blick in den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn.
von Kai Doering · 26. Februar 2021
„Das Quotengesetz hat gewirkt“, sagt Cosima Ingenschay, Mitglieds im Bahn-Aufsichtsrat.
„Das Quotengesetz hat gewirkt“, sagt Cosima Ingenschay, Mitglieds im Bahn-Aufsichtsrat.

Cosima Ingenschay ist schon da, wo künftig noch viel mehr Frauen hinsollen. Seit einem Jahr vertritt die 42-jährige, Mitglied des Geschäftsführeden Vorstands der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die Arbeitnehmer*innenseite im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn. Sie ist eine von sieben Frauen in dem 20-köpfigen Gremium, für das bereits seit 2016 eine Geschlechterquote von 30 Prozent vorgeschrieben ist.

Eine Frau im Vorstand reicht nicht aus

„Das Quotengesetz hat gewirkt“, ist Ingenschay überzeugt. Dabei gehe es nicht darum, Frauen einen Job in der Führung eines Unternehmens zu verschaffen. „Es ist ein wichtiges Thema für die Unternehmenskultur.“ Frauen in Führungspositionen seien nicht nur ein Ansporn für die weiblichen Beschäftigten eines Unternehmens, sondern auch für die Männer und den Unternehmenserfolg wichtig. Allerdings: „Man muss eine kritische Masse erreichen, um wirklich etwas zu verändern.“ Eine Frau in Aufsichtsrat oder Vorstand reiche nicht aus.

Deshalb begrüßt Cosima Ingenschay auch den Entwurf für das sogenannte FüPoG II (das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst), den Bundesfamilienministerin Franziska Giffey am Donnerstag im Bundestag vorgestellt hat. Er sieht vor, dass in börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mit mehr als drei Vorstandmitgliedern künftig mindestens eine Frau sitzen muss. Für Unternehmen des Bundes soll diese Regel ab zwei Mitgliedern im Vorstand gelten. Im öffentlichen Dienst des Bundes sollen bis zum Jahr 2025 50 Prozent der Führungspositionen jeweils mit Frauen und Männern besetzt sein.

Ein wichtiger Schritt für die Gleichberechtigung

„Dieses Gesetz ist ein wichtiger Schritt, um unserem Verfassungsauftrag, auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern und die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, gerecht zu werden“, sagte Giffey am Donnerstag. Das sieht Cosima Ingenschay genauso. „Das Argument, es gebe nicht genug qualifizierte Frauen, zieht nicht“, sagt die Gewerkschafterin.

Schon als es den Gesetzentwurf noch gar nicht gab, ging ein Teil des Bahn-Vorstands dagegen auf die Barrikaden. Es sei „mit erheblichen negativen Auswirkungen verbunden“, schrieben Bahn-Chef Richard Lutz, Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla und Personalvorstand Martin Seiler im vergangenen Herbst an die Bundesregierung. Sollte das Gesetz wie geplant in Kraft treten, drohe eine Verschärfung „des ohnehin gravierenden Fachkräftemangels“ sowie eine Kostensteigerung in Millionenhöhe wegen der Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten.

Nur zwölf Prozent im Vorstand sind Frauen

Cosima Ingenschay kann sich noch heute darüber aufregen und spricht von einer „Bankrotterklärung“. Zwar ruderten die drei Bahnvorstände schnell zurück, doch ihre Haltung habe sich nicht geändert, ist Ingenschay überzeugt. „Die Männernetzwerke funktionieren immer.“ Deshalb sei es auch so wichtig, dass auf die im kommenden Mai ausscheidende und für Technik und Digitalisierung zuständige Vorständin Sabina Jeschke wieder eine Frau in den Vorstand komme. „Vielleicht könnte man in dem Zuge auch über einen Neuzuschnitt der Zuständigkeiten nachdenken“, meint Cosima Ingenschay. Bis zur Berufung von Sigrid Nikutta als Zuständige für den Güterverkehr im vergangenen Jahr hatte Jeschke als einzige Frau im Vorstand gesessen.

Wie nötig eine gesetzliche Regelung ist, zeigt auch das Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), das im Januar veröffentlicht wurde. In den Vorständen der 200 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland waren demnach Ende November nur 101 von 878 Vorstandsmitgliedern Frauen. Ein Anteil von rund zwölf Prozent und nur ein Prozentpunkt mehr als im Jahr zuvor. Bei den 30 größten börsennotierten Unternehmen stagniere der Frauenanteil in den Vorständen erstmals seit 2013 sogar.

„Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Im internationalen Vergleich ist es sogar beschämend gering“, kritisierte Ministerin Franziska Giffey am Donnerstag. Das neue Gesetz soll diese Situation endlich ändern. Einen Gegensatz zwischen Frauen und Männern in Aufsichtsträten sieht Gewerkschafterin Cosima Ingenschay dabei nicht. „Die Konfliktlinie verläuft da eher zwischen Arbeitnehmern und Anteilseignern.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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