Inland

#WeTwo: Zwei Identitäten für Europa

In fünf Tagen ist Europawahl. Sozialaktivist Ali Can will Europa nicht „den Angstmachern“ überlassen und hat daher auf Twitter den Hashtag #we2 initiiert, mit dem sich Menschen zu ihrer europäischen Identität bekennen. Auch führende SPD-Politiker machen begeistert mit.
von Jonas Jordan · 21. Mai 2019

Er hat es wieder getan. 2018 initiierte der Sozialaktivist Ali Can den Hashtag #metwo auf Twitter, unter dem zehntausende Menschen ihre alltäglichen Probleme und Erlebnisse mit Rassismus schilderten. Nun hat Can, der mit zwei Jahren von der Türkei nach Deutschland flüchtete, einen neuen Hashtag ins Leben gerufen. Mit #we2 soll seit Montag die europäische Identität gestärkt werden. „Antieuropäische Stimmen wollen unseren Kontinent, so wie wir ihn kennen, verändern. Der Korruptionsskandal in Österreich mahnt uns, Europa erst recht nicht den Angstmachern zu überlassen. Deswegen müssen wir aktiv unsere Zukunft in der EU mitgestalten“, sagt Can in einem Video, das er auf der Plattform Youtube veröffentlicht hat.

Europa nicht den Angstmachern überlassen

Die beste Gelegenheit dazu sei am 26. Mai, wenn die Europawahl ansteht. „Wir wählen nicht nur das Europäische Parlament. Wir wählen auch, was es heißt, europäisch zu sein.“ Es sei daher höchste Zeit, über eine zweite Identität zu sprechen, die europäische. „Wir sprechen in Deutschland nicht nur deutsch, sondern auch europäisch. Wir haben zwei Identitäten, aber unserer europäischen sind wir nicht immer bewusst. Um darüber zu sprechen, gibt es jetzt Hashtag we2“, sagt Can. Die Aktion soll wohl auch als Aufruf für die Wahl am Sonntag verstanden werden.

Dem Aufruf folgten innerhalb kurzer Zeit auf Twitter auch führende Sozialdemokraten. Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl Katarina Barley schrieb etwa: „Ich habe einen deutschen und einen britischen Pass. Meine Familie verbindet mich mit den Niederlanden und Spanien. Ich lebe in Nachbarschaft von Luxemburg, Frankreich und Belgien. Zusammengefasst: Ich bin Europäerin vom Scheitel bis zur Sohle.“

Auch die Partei- und Fraktionsvorsitzende der SPD Andrea Nahles beteiligte sich an der Aktion. Sie schrieb: „Ob ich Deutsche oder Europäerin bin? Beides! Für mich gehört das zusammen. Und ich finde großartig, dass das europäische Zusammengehörigkeitsgefühl stärker wird - gerade bei jungen Leuten. Die Hetzer sind manchmal lauter, aber wir sind mehr. Zeigen wir das auch am Sonntag!“

Generalsekretär Lars Klingbeil, der aus Niedersachsen stammt, wies insbesondere auf seine regionale Identität hin: „Ich bin Europäer und ich bin deutsch - mein Herz schlägt für Europa und für meine Heimat in der Lüneburger Heide. Europäisch denken & leben und vor Ort verwurzelt sein. Für mich ganz selbstverständlich. Leider nicht für alle. Zeigt mit #we2 wie wichtig europäische Identität ist.“

Bundesaußenminister Heiko Maas, der Ali Can bereits mehrfach persönlich getroffen hatte, dankte dem Aktivisten für diese Aktion und wies auf seine saarländischen und europäischen Wurzeln hin: „Europa schenkt uns eine zusätzliche, gemeinsame Identität. Ich bin Deutscher und Europäer. Das Saarland ist meine Heimat - in Europa fühle ich mich zu Hause. Lasst uns dieses Zuhause gemeinsam teilen und stärken – jetzt erst recht.“

Der Bundestagsabgeordnete und frühere Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz hat kürzlich den Verein „Tu was für Europa“ gegründet, um mit Kampagnen das europäische Bewusstsein zu stärken. Nur logisch, dass auch er sich an der von Can initiierten Kampagne beteiligte: „Wenn ich in der Nähe meiner Heimat spazieren gehe, kann es sein, dass ich durch ein anderes Land laufe. Das Heimatgefühl habe ich auf dem gesamten Weg - ich bin Deutscher und Europäer. Am 26. Mai wähle ich meiner Heimat zuliebe ein starkes Europa.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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