Das Auto der Zukunft reagiert auf Zuruf: Während der Fahrt wandert der Blick zu einem Gebäude am Straßenrand und auf die Frage „Was ist das?“ antwortet das Auto: „Ein Einkaufszentrum“. Auch der Scheibenwischer schwingt auf Kommando langsamer oder schneller. Nur der Außenspiegel hört nicht, den muss man nach wie vor mit Fingerfertigkeit einstellen. „Das kann ein Mensch mit seinen haptischen Fähigkeiten einfach besser als eine Maschine, die per Spracheingabe gesteuert wird“, erklärt Wolfgang Wahlster, Geschäftsführer des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken. Er beschäftigt sich nicht nur mit dem Auto der Zukunft, sondern ganz generell mit Benutzerschnittstellen, also den Momenten, in denen der Mensch mit der Technik in Berührung kommt: per Tastendruck, Spracheingabe oder auch nur einer Bewegung der Pupille.
Ein Handy, das seine Größe ändert
„Wir erleben gerade eine Umkehrung: Die Technik wird dem Menschen angepasst, nicht anders herum“, sagt Wahlster. „Usability“, also Nutzerfreundlichkeit, heißt das Schlagwort in der Elektronikbranche, und es verspricht vor allem eins: steigenden Absatz. „Technologie-getriebene Innovationen allein stellen kaum mehr einen Marktvorteil dar“, sagt Gesche Joost, Leiterin des Design Research Lab an der Berliner Universität der Künste (UDK). So wird zum Beispiel ein modernes Smartphone nicht mehr gekauft, weil es bestimmte Dinge kann, sondern weil es sich besonders gut bedienen lässt. Und dabei setzen sich die Entwickler keine Grenzen. Im Design Research Lab wird etwa an einem Handy gearbeitet, das seine eigene Größe ändern kann. So nimmt es in der Tasche wenig Platz weg, ist aber bei der Benutzung größer und damit besser zu bedienen.
Technik verstehen ohne Schulung
Wenn Gesche Joost und ihr Team an solchen Innovationen arbeiten, geschieht das nicht im Elfenbeinturm. Zielgruppen werden direkt in die Entwicklung mit einbezogen, in den Testgruppen sitzen Senioren, Jugendliche aus sozialen Brennpunkten, Arbeiter und weitere Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund. „Partizipatives Design“ nennt sich dieses Vorgehen. „Es ist ein Unding, dass Technik bislang viele Menschen ausschließt“, sagt Gesche Joost. Ebenso wie Wolfgang Wahlster prognostiziert die Design-Professorin eine stärkere Ausrichtung im Technikangebot auf spezielle Zielgruppen. Da ist der Unterschied dann vielleicht auch nur eine bessere Schnittstelle, etwa eine App fürs Smartphone, die größere Tasten anbietet.
Nicht nur für den Endverbraucher hat eine größere Nutzerfreundlichkeit Vorteile. Das Ludwigsburger Unternehmen User Interface Design (UID) überarbeitet unter anderem bestehende Bedienelemente für die Industrie. „Wir beobachten dafür, wie der betroffene Mensch Probleme löst“, erklärt UID-Geschäftsführer Franz Koller: „Ziel ist es, von der Maschinenlogik weg zu kommen“. Ist eine technische Anlage am Ende ohne lange Schulungsmaßnahme leichter, schneller und sicherer zu bedienen, profitieren sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer davon.
DFKI-Geschäftsführer Wahlster sieht bei der Interaktion mit der Technik kaum Grenzen: „Ich sehe den Tag kommen, an dem ein System bestimmte Gedanken lesen kann“, sagt er. Gegenwärtig begeistert ihn, dass mit Hilfe von günstigen Bauteilen und entsprechender Nachfrage Technik für fast jeden Menschen zugänglich wird.