Inland

Wende auf dem Arbeitsmarkt

von Ulf Lindner · 1. März 2010
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Die Krise beweise das Versagen des Neoliberalismus: steigende Staatsverschuldung, zunehmende Arbeitslosigkeit, wachsende Armut, Sozialabbau seien die seit Jahren spürbaren Folgen dieses Irrglaubens. Die Autoren des vorliegenden Titels sprechen sich daher für eine Wende aus. Sie plädieren für Arbeitszeitverkürzung, Mindestlohn und Grundeinkommen.

Zur Idee der Arbeitszeitverkürzung
Arbeitslosigkeit dürfe nicht hingenommen werden. Die Isolation von Millionen Langzeitarbeitslosen vom Arbeitsmarkt destabilisiere die demokratische Ordnung und fördere Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Ursache dieses Problems sei die rasante Produktivitätssteigerung bei gesättigten Märkten und begrenzten Wachstumspotentialen. Steigende Produktivität erlaube den Verzicht auf Personal. Die logische Konsequenz sei die kontinuierliche Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden. Die Autoren gehen davon aus, dass jene Arbeitszeitverkürzung für die niederen und mittleren Einkommen bei vollem Lohnausgleich finanzierbar seien, allein für die hohen Einkommen sei mit Einbußen zu rechnen.

So entstünde eine Vollbeschäftigung neuen Typs, die eine gerechte Verteilung von Arbeit und Wohlstand ermöglicht. Der Konsum würde gestärkt. Zugleich gäbe es neue zeitliche Freiräume für Selbstverwirklichung, Weiterbildung, ehrenamtliche Engagements, Kinder und Familie. So würden Kinderwunsch und Karriere für viele junge Mütter nicht länger im Widerspruch stehen müssen.

Zur Idee des Mindestlohns

Während die Notwendigkeit der Arbeitszeitverkürzung als Schwerpunktthema des Buches zu sehen ist, wird der Gedanke des Mindestlohns nur am Rande diskutiert. Die Autoren betrachten ihn als notweniges Instrument zur Minderung von Unsicherheit und Angst in unserer Gesellschaft. Dies sei ein Gebot der Stunde. Nicht zuletzt um zu verhindern, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit zu weiteren Lohnkürzungen führt.

Zur Idee des Grundeinkommens
Neben der Idee einer gerechteren Verteilung der Arbeit durch Verkürzung der Wochenarbeitszeit sowie der Einführung eines Allgemeinen Mindestlohnes, wird die Einführung eines Grundeinkommens für alle Bürger gefordert. Widersprochen wird hierbei jedoch einem bedingungslosen Grundeinkommen in Kombination mit Erwerbsarbeit. Diese neoliberale Variante würde lediglich den Ausbau des Niedriglohnsektors stärken. Dem gegenüber plädieren die Autoren für ein bedarfsabhängiges, Existenz sicherndes Grundeinkommen, welches das bestehende Hartz-IV-System ablösen soll. Das ermögliche mehr soziale Gerechtigkeit und fördere das Engagement in gemeinnützigen Einrichtungen zum Wohle der Gesellschaft.

Der vorliegende Titel muss wohl mehr als politischer Aufruf, denn als ein wirtschaftspolitisches Konzept verstanden werden, wie die kämpferischen Parolen gegen den wie ein "Krebsgeschwür" (S.77) um sich greifenden Neoliberalismus deutlich machen. Die Textsammlung entstand zur Vorbereitung des Attac-Kongresses "Kapitalismus am Ende?" vom 7.3. 2009. Dieser rief Gewerkschaften, Sozialverbände, Kirchen und frauenpolitisch Aktive auf, gemeinsam für einen gesellschaftlichen Wandel einzutreten und die drei Gedanken von Arbeitszeitverkürzung, Mindestlohn und Grundeinkommen als Gesamtprojekt zu verstehen.

Der Fokus der Textsammlung der Attac AG "ArbeitFairTeilen" liegt auf einer Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche. Zu Recht verweisen die Autoren auf das sinkende Arbeitsvolumen aufgrund steigender Produktivität. Ob jedoch eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit das Problem der Arbeitslosigkeit ohne weiteres eliminieren kann, muss fraglich bleiben. Eine rein arithmetische Betrachtung wird der Komplexität der Problemstellung nicht gerecht, da die steigende Produktivität nur eine Ursache der Massenarbeitslosigkeit darstellt. Zudem gilt zu beachten, dass in Deutschland dem Arbeitsplatzmangel ein Arbeitskräftemangel in hoch spezialisierten Bereichen gegenübersteht.

Stephan Krull/Mohssen Massarrat/Margareta Steinrück (Hrsg.): Schritte aus der Krise, Arbeitszeitverkürzung, Mindestlohn, Grundeinkommen: Drei Projekte, die zusammengehören VSA Verlag, Hamburg 2009, kart., 95 Seiten, 8,80 €. ISBN: 978-3-89965-393-9

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