Es sei bedauerlich, erklärte der SPD-Bundestagsabgeordente Wend am Dienstag in einer Pressemitteilung, dass Bundeswirtschaftsminister Michael Glos keine Einigung über eine europaweite
Liberalisierung der Postmärkte bis zum Jahr 2009 erreichen konnte.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, fordert deshalb, das Postmonopol in Deutschland über den 1. Januar 2008 hinaus zu verlängern: "Bei einem
einseitigen Wegfall des deutschen Postmonopols wäre die Deutsche Post der Konkurrenz aus dem Ausland ausgesetzt, ohne selbst von der Liberalisierung zu profitieren", so sein Argument. "Das würde zu
erheblichen Wettbewerbsnachteilen führen."
Wend mahnte: "Das Scheitern des Bundeswirtschaftsministers in den Verhandlungen dürfe nicht "auf dem Rücken der Deutschen Post und ihrer Beschäftigten ausgetragen werden."
Knapp 200 000 Beschäftigte von Lohndumping bedroht
Tatsächlich rechnet die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di bei einer vollständigen Liberalisierung des Postmarktes mit dramatischen Konsequenzen für die rund 200 000
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Postwesen.
So belegt eine Studie im Auftrag von ver.di, dass das Einkommen bei Lizenznehmern am Briefmarkt in Westdeutschland um 40 Prozent und in Ostdeutschland um 50 Prozent unter dem Einstiegsgehalt
für Zustellkräfte bei der Deutschen Post AG liegen. "Armutslöhne und Minijobs", erklärte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Rolf Büttner bei einer Pressekonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung
in Berlin, seien die Folge eines Verdrängungswettbewerbs im deutschen Briefmarkt. Die Branche droht "zu einem Niedriglohnsektor abseits tariflicher Regelungen zu verkommen."
"Arm trotz Arbeit"
Als besonders negatives Beispiel hob Büttner die allgäu mail GmbH hervor. Mit einem täglichen Grundlohn von vier Euro plus einen Stücklohn von 0,12 Euro pro Sendung käme ein Zusteller auf
einen Monatslohn von 700 bis 800 Euro. Das bedeutet Armut trotz Arbeit für die Beschäftigten, die zusätzlich noch staatliche Transferleistungen in Anspruch nehmen müssten. Zudem werden mit diesen
Beschäftigungsverhältnissen die sozialen Sicherungssysteme belastet.
ver.di: Soziale Standards und Mindestlöhne
ver.di fordert daher eine Sicherstellung der sozialen Standards. Dies kann geschehen, so Büttner, wenn die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde die Lizenzerteilung von der Einhaltung
branchenüblicher Arbeitsbedingungen abhängig macht. "Mindestlöhne müssen im Briefmarkt ein existenzsicherndes Erwerbseinkommen sicherstellen."
Die Studie: Liberalisierung und Prekarisierung - Beschäftigungsbedingungen bei den neuen Briefdienstleistern in Deutschland.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.