Wehrbeauftragter Bartels: Missstände zügig beseitigen
Herr Bartels, in den vergangenen zwei Jahren gab es so viele Beschwerden von Soldaten wie noch nie. Was läuft schief bei der Truppe?
Zu viele Bundeswehrreformen, zu viel Hin und Her. Für Zeit- und Berufssoldaten hat die Planbarkeit ihrer dienstlichen Laufbahn unter dem ständigen Auflösen, Umstrukturieren und Neuaufstellen ihrer Truppenteile enorm gelitten. Hinzu kommt die Belastung durch Auslandseinsätze: Seit 2002 sind etwa 100 000 Deutsche als Soldat oder Soldatin in Afghanistan gewesen, andere im Kosovo oder auf Schiffen im Indischen Ozean.
Welchen Einfluss haben die schlechte Ausrüstung und die zahlreichen Beschaffungsskandale?
Fast alles, was vor Jahren und Jahrzehnten bestellt wurde – Puma, Tiger, NH90, A400M, kommt zu spät. Dafür gibt es viele Gründe. Mangelnder Druck, weil Deutschland doch von Freunden umzingelt ist, mag ein Motiv gewesen sein. Diese Ausrede gilt aber nicht mehr, spätestens seit die russische Konfrontationspolitik insbesondere unseren östlichen Bündnispartnern schwere Sorgen macht und die Fähigkeit zur Bündnisverteidigung in Europa wieder einen höheren Stellenwert hat. Gute Ausrüstung gehört außerdem genauso zur Attraktivität des Arbeitgebers Bundeswehr wie Planbarkeit und angemessene Besoldung! Frau von der Leyen weiß das, und die Koalition tut hier einiges, um nachzusteuern.
Wie wollen Sie die Situation in den kommenden fünf Jahren verbessern?
Parlamentarische Kontrolle und öffentliche Aufmerksamkeit können helfen, erkannte Missstände zügig zu beseitigen. Entscheidungen trifft die Regierung. Klar ist heute, dass die Truppenstärke in Deutschland und Europa nicht weiter im freien Fall reduziert werden kann. Das gilt auch für den Verteidigungshaushalt. Mit Blick auf den IS-Terror und die geschürte Instabilität in Osteuropa sehen wir: Die Welt ist unsicherer geworden. Da bedeutet es schon viel, wenn Europa alles tut, ein Hort der Sicherheit zu bleiben.