Wehrbeauftragte Högl: Bundeswehr trotz Corona-Pandemie einsatzbereit
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Es war der erste Jahresbericht, den Eva Högl (SPD), seit Mai 2020 Wehrbeauftragte des Bundestages, am Dienstag den Journalist*innnen in Berlin vorstellte. Meist sei der Jahresbericht, so Högl vor der Bundespresskonferenz „immer auch ein Mängelbericht, in dem Fehler und Versäumnisse dargestellt werden“. Doch es gebe diesmal auch Grund zum Lob: „Es ist ein wirklich großer Erfolg, dass die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr trotz der Pandemie aufrechterhalten werden konnte.“ Das sei nicht zuletzt dem konsequenten Hygienekonzept zu danken. Damit sei es sowohl gelungen, die Zahl der Infektionen bei der Bundeswehr niedrig zu halten, als auch das Virus nicht in die Einsatzgebiete zu tragen.
Zehntausende Soldat*innen helfen gegen Corona
Die Wehrbeauftragte lobte die Streitkräfte besonders für ihre Amtshilfe in der Pandemie. „Wir können alle sehr stolz und dankbar sein, dass Soldatinnen und Soldaten so tatkräftig unterstützt haben.“ Die Truppe habe hier „gezeigt, was sie kann“. Ende 2020 seien 11.400 Soldat*innen in Amtshilfeeinsätzen gewesen, 20.000 in Bereitschaft. Die gesamte Sanität sei im Einsatz gewesen. Es habe Lufttransporte gegeben, Unterstützungen bei der Logistik, beim Testen, bei der Kontaktnachverfolgung, beim Aufbau von Impfzentren und beim Impfen. „Sogar die Militärmusik war am Start und hat Musik gegen Einsamkeit in Altenheimen und Seniorenheimen gespielt.“ Die Einsätze seien „an jeder Stelle eine große Hilfe“ gewesen, sagte Högl. „Und dafür gebührt den Soldatinnen und Soldaten unser Dank, unsere Anerkennung und unser Respekt.“ Dieses außerordentliche Engagement solle mit einer Einsatzmedaille ausgezeichnet werden, so der Vorschlag der Wehrbeauftragten. „Das wäre wirklich eine verdiente Anerkennung.“
Positives hatte die Wehrbeauftragte in ihrem Bericht über das Jahr 2020 auch beim Thema Digitalsierung im Zuge der Pandemie zu berichten. Man sei hier zwar „noch längst nicht am Ende“ und müsse die Bundeswehr „noch viel besser ausstatten mit IT“. Aber man habe in der Pandemie auch viel mobiles Arbeiten und Homeoffice erlebt, viel mehr „als das bisher in der Bundeswehr vermutet“ wurde. „Das ist ein ganz gehöriger Schub, den es da gab“, so Högl. „Und ich wünsche mir, dass der erhalten bleibt auch in der Nach-Pandemie-Zeit.“ Wo vor Ort flexibel reagiert worden sei, „da hat auch in der Pandemie alles gut funktioniert“. Es sei „ein großer Erfolg, dass der Grundbetrieb so aufrecht erhalten werden konnte“.
Bundeswehr mit Corona beschäftigt und belastet
Allerdings waren der Wehrbeauftragten wegen Corona viele Reisen, etwa in die Einsatzgebiete der Bundeswehr, nicht möglich. Sie behalf sich mit Videokonferenzen. „Das ersetzt natürlich nicht den unmittelbaren Eindruck vor Ort und das persönliche Gespräch“, räumte Högl ein. Deutschlandweit seien dennoch 30 Truppenbesuche möglich gewesen.
Wie sehr die Pandemie die Bundeswehr belaste, so die Wehrbeauftragte, zeigten die rund 500 Eingaben von Soldatinnen und Soldaten. Verkürzte Ausbildung, abgesagte Lehrgänge, ausgefallene Übungen, verschobene Auswahlkonferenzen, mehrfache Quarantäne vor dem und im Einsatz, Homeoffice, Videokonferenzen, Hygienekonzepte, Masken und Abstand – all das habe die Bundewehr beschäftigt und auch belastet.
Rechtsextremismus in der Truppe bleibt Problem
Breiten Raum in der Pressekonferenz nahm das Thema Rechtextremismus in der Bundeswehr ein. Mit diesem Problem habe sie sich als Wehrbeauftragte „sehr beschäftigt“, sagte Högl. Sie betonte, es dürfe „keinen Generalverdacht“ gegen die Bundeswehr geben. „Die absolute Mehrheit der Soldatinnen und Soldaten leistet jeden Tag sehr verantwortungsvoll ihren Dienst, hat nichts mit Extremismus am Hut.“ Zugleich gingen die meldepflichtigen Ereignisse von 197 im Jahr 2019 auf 229 im Jahr 2020 nach oben. Der MAD melde rund 500 Verdachtsfälle im Bereich Rechtsextremismus und Reichsbürger. Das zeige zum einen eine erhöhte Sensibilität und Meldebereitschaft. „Andererseits zeigt es aber auch, da ist eine ganze Menge zu tun“, so Högl. „Deswegen braucht es auch eine lückenlose, konsequente Aufklärung.“ Es brauche Sanktionen, mehr Prävention und mehr politische Bildung. Die Verfahren dauerten viel zu lange. „Es braucht an diesen Stellen mehr Personal“, wenn es hier eine Beschleunigung geben solle.
„Große Verunsicherung“ gebe es bei den Soldat*innen über die Frage, wie es mit dem Afghanistan-Einsatz weitergehe. Das Mandat ende im März. „Wir brauchen eine klare Perspektive, wie es weitergeht.“ Das müsse mit den internationalen Partnern besprochen werden. Entscheidend müsse dabei sein, „dass die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten gewährleistet ist“. Die Bundeswehr sei auf alle Szenarien vorbereitet. „Mir ist auch sehr wichtig als Wehrbeauftragte, dass wir den Afghanistan-Einsatz bilanzieren“, ergänzte Högl. Nach fast 20 Jahren sei das „dringend erforderlich“.
Högl: Bewaffnete Drohnen schützen Soldat*innen
Angesprochen auf ihre Haltung zur von der SPD bisher blockierten Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr stellte Högl klar: „Bei der Bewaffnung von Drohnen ist mein Blickwinkel natürlich auch der der Soldatinnen und Soldaten.“ Sie sei schon lange, auch vor der Amtsübernahme als Wehrbeauftragte „Befürworterin einer Bewaffnung von Drohnen“. Es sei eine schwierige Frage und richtig, dass darüber ausreichend lange und ausführlich debattiert werde, mittlerweile seit fast zehn Jahren. Ein Bewaffnung von Drohnen sei für den Schutz der Soldat*innen „absolut erforderlich“. Der aktuelle Krieg um Berg-Karabach im Kaukasus „hat gezeigt, dass ohne eine ausreichende Ausstattung mit dieser Fähigkeit so eine Auseinandersetzung gar nicht zu gewinnen ist“. Die Bundeswehr „wartet dringend auf diese Fähigkeit“. Sie fügte hinzu: „Ich bedauere natürlich, dass sich die SPD entschieden hat, noch weiter zu diskutieren und die Entscheidung im Moment noch nicht zu treffen.“