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Wechsel von Martin Schulz: Ein Gewinn für Berlin

Martin Schulz wird Brüssel verlassen und in die Bundespolitik wechseln. Das ist zum einen ein Verlust, zum anderen aber ein großer Gewinn. Ein engagierter Europapolitiker wird Berlin gut tun.
von Kai Doering · 24. November 2016
Martin Schulz
Martin Schulz

„Ich habe die Dinge, die ich exzessiv betrieben habe, immer von einem Tag zu anderen beendet.“ So hat es Martin Schulz vor einigen Wochen bei der Vorstellung seiner Biografie erzählt. Bezogen war das zwar in erster Linie aufs Rauchen, das Schulz schon vor vielen Jahren aufgegeben hat, doch passt der Satz auch gut zum heutigen Tag.

Die europäische Politik geprägt wie kaum ein anderer

Martin Schulz hat bekannt gegeben, nicht erneut als Präsident des Europaparlaments zu kandidieren und sich Ende des Jahres aus Brüssel zurückzuziehen, um im Herbst 2017 für den Bundestag zu kandidieren. Zwar kommt die Entscheidung nicht „von einem Tag zum anderen“, aber doch endet für Schulz die wohl prägendste Phase seines (politischen) Lebens ziemlich abrupt. Immerhin gehört er dem Europaparlament seit 1994 an.

In verschiedenen Funktionen, erst als einfacher Abgeordneter, dann als Vorsitzender der deutschen Sozialdemokraten und später als Chef der SPE-Fraktion sowie aktuell als Präsident des Europaparlaments hat Martin Schulz die europäische Politik geprägt wie kaum ein zweiter. Unermüdlich reist er dahin, wo es brennt, sei es nach Griechenland, in die Ukraine oder ins Flüchtlingslager auf Lampedusa.

Ein engagierter Europäer, der Berlin gut tut

Es ist vor allem Schulz zu verdanken, dass die europäischen Parteien 2014 erstmals Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten aufgestellt haben und der Europawahlkampf so von nationalen Einzelwahlkämpfen zu einer europäische Sache geworden ist. Dahinter wird niemand mehr zurücktreten können.

Aus dieser Perspektive ist der Wechsel von Martin Schulz ein Verlust. Die Lücke, die er in Brüssel hinterlassen wird, ist groß. Doch von Berlin aus betrachtet, ist die Entscheidung, ein Bundestagsmandat anzustreben, ein großer Gewinn. Nicht umsonst hat Schulz angekündigt, ab dem kommenden Jahr „für Europa jetzt auf nationaler Ebene“ kämpfen zu wollen. Das ist auch bitter nötig, denn die Europaskepsis nimmt auch in Deutschland zu. Ein profilierter und engagierter Kämpfer für die europäische Idee kann da nur gut tun.

Im Fokus der Aufmerksamkeit

Welche Funktion Martin Schulz übernehmen wird, hat er heute bewusst offen gelassen. Aber klar ist: Wer auf Platz eins der nordrhein-westfälischen Landesliste für den Bundestag kandidiert, wird besonders im Fokus des Interesses stehen. „Bisher wurde ich nicht zum Jagen getragen“, hat Schulz bei der Vorstellung seiner Biografie gesagt.

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Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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