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Was soll die SPD tun, wenn doch keine Jamaika-Koalition kommt?

Eine mögliche Jamaika-Regierung bedeutet nichts Gutes für Deutschland und Europa, sagt SPD-Chef Martin Schulz. Zugleich ist er sicher, dass das Bündnis kommen wird. Was aber, wenn sich Union, FDP und Grüne wider Erwarten doch nicht einigen können?
von Paul Starzmann · 17. November 2017
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Es ist die Nachricht des Tages: Kein weißer Rauch über dem Bundestag. Die Sondierungsgespräche zwischen Union, FDP und Grüne sind in der Nacht auf Freitag ins Stocken geraten, eine Einigung lässt auf sich warten.

Neuwahlen rechtlich nicht zwingend

SPD-Chef Martin Schulz hat dazu eine klare Haltung: Unabhängig vom Ausgang der Jamaika-Sondierungen werde es auf keinen Fall eine Fortsetzung der großen Koalition geben, verspricht er. „Das Wahlergebnis bei der Bundestagswahl war eindeutig: Die große Koalition hat 14 Prozent der Wählerstimmen verloren, sie ist abgewählt worden“, sagt Schulz.

Was aber, wenn das Land am Schluss ohne neue Regierung dasteht, weil Union, FDP und Grüne keine gemeinsame Linie finden können? „Dann müssen die Wählerinnen und Wähler ihr Urteil abgeben über diese Koalition, die nicht zustande gekommen ist“, so der SPD-Chef. Er nimmt das N-Wort zwar nicht in den Mund, aber es ist klar, was gemeint ist: Sollte „Jamaika“ nicht kommen, muss es seiner Ansicht nach Neuwahlen geben. Es wäre ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik – und nicht nur deshalb ein unwahrscheinliches Szenario. Auch rechtlich ist es nicht zwingend: Theoretisch kann die aktuelle Bundesregierung bis zur nächsten Wahl im Jahr 2021 geschäftsführend im Amt bleiben.

Schulz und Nahles bleiben beim Nein zur GroKo

Die aktuelle Pause der Jamaika-Verhandlungen zeigten, in welch schwieriger Lage sich Bundeskanzlerin Angela Merkel befinde, sagt Schulz. Am liebsten würde sie wohl mit den Grünen alleine oder nur mit der FDP regieren, vermutet der SPD-Chef. „Jetzt hat sie beides.“ Sowohl Grüne als auch Liberale hätten in der vergangenen Legislaturperiode ständig gegen die große Koalition „gekoffert“, erinnert er sich. „Jetzt haben sie die Chance eine andere Regierung zu bilden.“

Auch Andrea Nahles, Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, bekräftigt das Nein ihrer Partei zu einer Neuauflage der großen Koalition. „Nein, es wird dann auf Neuwahlen hinauslaufen“, lautet auch ihre Antwort, als sie am Freitagvormittag in der ARD nach der Möglichkeit einer neuen großen Koalition gefragt wird. „Und das steht?“, hakt die Moderatorin nach. Nahles‘ Antwort ist knapp: „Ja!“

Schulz über Merkel: „Sie schaut zu“

Sowohl Nahles als auch Schulz gehen allerdings fest davon aus, dass sich Union, FDP und Grüne in den kommenden Wochen einigen werden. Beide sprechen in diesem Zusammenhang von einer Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners. Will heißen: Der Jamaika-Koalitionsvertrag werde voraussichtlich wenig Konkretes bieten. Stattdessen nur „Formelkompromisse“, wie Schulz sagt. Entsprechend kritisch fällt jetzt schon das Urteil der SPD-Spitzenpolitiker über die bisherigen Jamaika-Sondierungen aus.

Union, FDP und Grüne machten nicht den Eindruck, die großen Problem des Landes anpacken zu wollen, kritisiert Schulz. „Man gewinnt eher den Eindruck, dass das eine Versammlung von Klientel-Vertretern ist.“ Dabei müsse Deutschland jetzt so schnell wie möglich eine handlungsfähige Regierung bekommen, fordert er – ansonsten drohe nicht nur im eigenen Land, sondern in ganz Europa Stillstand, weil das wichtige EU-Mitglied Deutschland weiterhin nur eine geschäftsführende Regierung vorweisen könne.

„Europa taumelt“, sagt Schulz. „Und was tut die Bundeskanzlerin?“, fragt er – und liefert die Antwort gleich mit: „Sie tut, was sie immer tut: Sie schaut zu.“

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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