Was man über die Wahl des Bundespräsidenten 2017 wissen sollte
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Wer wählt den Bundespräsidenten?
Die Mitglieder der Bundesversammlung. Diese besteht je zur Hälfte aus den Mitgliedern des Bundestages und aus Vertretern der Länder. Diese werden von den Landesparlamenten nach dem Kräfteverhältnis der letzten Landtagswahl gewählt. Zur Zeit hat der Bundestag 630 Mitglieder, deshalb stellen auch die Landtage 630 Wahlleute. Insgesamt hat die Bundesversammlung so 1260 Mitglieder.
Warum wählen nicht nur Politiker sondern auch Prominente?
Um deutlich zu machen, dass der Bundespräsident Repräsentant des ganzen Volkes ist, wählen die Länder zu ihren Vertretern nicht nur Landespolitiker, sondern oft auch Prominente, etwa Spitzensportler oder Künstler. Damit soll gezeigt werden, wie breit die Unterstützung des jeweiligen Kandidaten in der Bevölkerung ist.
Warum wird der Bundespräsident nicht direkt vom Volk gewählt?
Das Grundgesetz sieht die repräsentative, nicht die direkte Demokratie vor. Das zeigt sich auch bei der Bundespräsidentenwahl. Ein weiterer Grund sind die begrenzten, weitgehend repräsentativen Befugnisse des Bundespräsidenten, die eine Direktwahl als unverhältnismäßig erscheinen lassen - im Gegensatz etwa zur Direktwahl der Präsidenten der USA und Frankreichs, die über bedeutende exekutive Befugnisse verfügen.
Wie läuft die Bundespräsidentenwahl genau ab?
Im Bundestag versammeln sich die 1.260 Mitglieder der Bundesversammlung. Der Bundestagspräsident leitet die Sitzung. Die Mitglieder werden namentlich aufgerufen und stimmen geheim in der Wahlkabine ab. Es gibt keine Aussprache. Der Präsident des Bundestages erklärt die Bundesversammlung für beendet, wenn der siegreiche Kandidat seine Wahl angenommen hat. Ihm stehen dafür zwei Tage Bedenkzeit zu. Bislang haben alle Gewählten die Wahl sofort angenommen.
Warum tritt die Bundesversammlung am 12. Februar zusammen?
Die Amtszeit von Bundespräsident Joachim Gauck endet am 18. März 2017. Die Bundesversammlung tritt spätestens dreißig Tage vor Ablauf der Amtszeit zusammen.
Wer kann kandidieren?
Jeder Deutsche, der das 40. Lebensjahr vollendet hat. Jedes Mitglied der Bundesversammlung darf Kandidaten vorschlagen. Auch noch vor dem zweiten und dritten Wahlgang können neue Kandidaten vorgeschlagen werden.
Wer tritt 2017 zur Wahl an?
Bis jetzt sind vier Kandidaten nominiert: Frank-Walter Steinmeier (SPD), Christoph Butterwegge (parteilos, für Die Linke), Albrecht Glaser (AfD) und Alexander Holt (Freie Wähler).
Welche Parteien unterstützen die Kandidatur von Frank-Walter Steinmeier?
Nachdem es in der Großen Koalition zunächst keine Einigung auf einen gemeinsamen Kandidaten gab, schlug SPD-Chef Sigmar Gabriel im Oktober 2016 den damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier als Kandidaten der SPD für das Amt des Bundespräsidenten vor. Diesem Vorschlag schlossen sich im November 2016 CDU und CSU an. Im Januar 2017 erklärte auch die FDP ihre Unterstützung für Steinmeier. Zahlreiche Spitzenpolitiker der Grünen haben sich ebenfalls für seine Kandidatur ausgesprochen.
Welche Parteien haben in der Bundesversammlung die Mehrheit?
Nach aktuellem Stand werden CDU und CSU in der Bundesversammlung rund 43 Prozent der Delegierten stellen (540 von 1260 Delegierten), die SPD etwa 30 Prozent (384 Delegierte), die Grünen 12 Prozent (147 Delegierte), die Linke 8 Prozent (95 Delegierte), die FDP 3 Prozent (33 Delegierte), die AfD ebenfalls 3 Prozent (35 Delegierte), die Piraten 1 Prozent (11 Delegierte) und übrige Parteien ebenfalls etwa 1 Prozent (12 Delegierte). Demnach hätte die Große Koalition aus Union und SPD eine klare Mehrheit. Eine Mehrheit hätten auch Union und Grüne sowie ein Bündnis aus SPD, Grünen, Linken und Piraten.
Wie viele Stimmen braucht der Bundespräsident zur Wahl?
Im ersten und zweiten Wahlgang benötigt der Kandidat die absolute Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung, das wären 631 Stimmen. Im dritten Wahlgang genügt eine relative Mehrheit, es gewinnt demnach der Kandidat mit den meisten Stimmen.
Welcher Bundespräsident erhielt bei den bisherigen Wahlen die meisten Stimmen? Welcher die wenigsten?
Die besten Ergebnisse erreichten, jeweils bei ihrer Wiederwahl, die Bundespräsidenten Theodor Heuss (FDP) 1954 mit 85,6 Prozent und Richard von Weizsäcker (CDU) 1989 mit 84,9 Prozent. Das knappste Ergebnis gab es 1969, als Gustav Heinemann (SPD) mit 49,4 Prozent im dritten Wahlgang gewählt wurde. Knapp wurde es ebenfalls 2004 und 2009 für Horst Köhler (CDU) mit jeweils 50,1 Prozent und 2010 für Christian Wulff (CDU), der trotz schwarz-gelber Mehrheit erst im dritten Wahlgang mit 50,3 Prozent gewählt wurde.
Warum tagt die Versammlung nicht mehr am Verfassungstag, dem 23. Mai?
Bundestagspräsident Karl Carstens wählte 1979 erstmals den 23. Mai, den Tag der Verkündung des Grundgesetzes 1949, zum Tag der Wahl des Bundespräsidenten. 30 Jahre wählte die Bundesversammlung immer an diesem Tag. Mit dem plötzlichen Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler am 31. Mai 2010 mitten in seiner Amtszeit war dieser Termin obsolet geworden.
Warum wechselte der Tagungsort der Bundesversammlung immer wieder?
Die erste Bundesversammlung tagte 1949 in Bonn. Nachdem gescheiterten Volksaufstand in der DDR 1953 wollte die Bundesrepublik ein Signal für Berlin setzen und verlegte den Sitz der Bundesversammlung an die Spree. Bis 1969 wurden hier die Bundespräsidenten gewählt. Die DDR protestierte regelmäßig gegen die Präsenz des Bundes in West-Berlin. 1969 ließ die Sowjetunion während der Bundesversammlung Jagdflugzeuge mit Überschallgeschwindigkeit über den Tagungsort donnern. Schließlich bestimmte das Vier-Mächte-Abkommen 1971, dass die Bundesversammlung nicht mehr in Berlin tagen solle. Von 1974 bis 1989 trat sie wieder in Bonn zusammen. Nach der Wiedervereinigung kommt sie seit 1994 wieder in Berlin zusammen, im Plenarsaal des Bundestages im Reichstag, der zu diesem Zeck eigens umgebaut wird.