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Was eine Verlängerung der „epidemischen Lage“ bedeutet

Der Bundestag soll am Mittwoch das Fortbestehen der „epidemischen Lage nationaler Tragweite“ feststellen. Der Beschluss ermöglicht, Maßnahmen gegen die vierte Corona-Welle aufrechtzuerhalten und neu einzuführen.
von Christian Rath · 23. August 2021

In einer Sondersitzung soll der Bundestag am Mittwoch das Fortbestehen der „epidemischen Lage nationaler Tragweite“ beschließen. Die Regierungskoalition aus Union und SPD begründet ihren Antrag mit der fortdauernden Covid19-Pandemie. Die Zahl der Neuinfektionen steige, für 97,9 Prozent der Neuinfektionen sei inzwischen die ansteckendere Delta-Mutation verantwortlich. Auch die Weltgesundheitsorganisation gehe weiterhin von einem internationalen Notfall für die öffentliche Gesundheit aus.

Alle drei Monate erneuern

Die Feststellung der epidemischen Lage nationaler Tragweite ist Aufgabe des Bundestags. Den ersten derartigen Beschluss traf er am 25. März 2020, damals noch zeitlich unbeschränkt. Seit März 2021 müssen die Beschlüsse jedoch alle drei Monate erneuert werden. Der letzte Beschluss stammt vom 11. Juni und würde am 11. September auslaufen. Die Feststellung der epidemischen Lage hatte zunächst vor allem symbolische Bedeutung. Für den ersten Shutdown, den die Bundesländer im März 2020 aufgrund von allgemeinen Befugnissen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) beschlossen, war die Feststellung der Lage noch keine Voraussetzung.

Das ist heute anders. Seit November 2020 sind die Shutdown-Befugnisse der Länder ausdrücklich geregelt (§ 28a IfSG) und an die Feststellung der epidemischen Lage gebunden. Ohne Fortgeltung der Lage müssten schon die derzeitigen Maßnahmen außer Kraft treten, etwa die Beschränkung der Fußball-Bundesliga-Spiele auf maximal 25.000 Zuschauer. Erst recht könnten die Länder im Herbst keine Verschärfungen mit Blick auf die vierte Welle beschließen. Die Länder haben deshalb einstimmig den Bundestag gebeten, die Feststellung der epidemischen Lage zu verlängern.

Bundesnotbremse seit Ende Juni außer Kraft

Die Feststellung der epidemischen Lage ist auch Voraussetzung für bestimmte Impf- und Test-Verordnungen der Bundesregierung. Die Lage hat aber nicht zur Folge, dass auch die Bundesregierung Shutdown-Maßnahmen per Verordnung einführen kann.

Der Bundestag hat zwar im April eine so genannte Bundesnotbremse eingeführt, die wirksam wurde, sobald in einem Landkreis die 7-Tages-Inzidenz drei Tage lang über 100 lag. Die automatische Folge waren Beschränkungen des öffentlichen Lebens, zum Beispiel eine nächtliche Ausgangssperre. Diese Regelung (§ 28 b IfSG) ist jedoch seit 30. Juni 2021 ausdrücklich wieder außer Kraft. Sie würde auch nicht wieder aufleben, falls die 7-Tages-Inzidenz erneut über 100 steigt. Vielmehr müsste der Bundestag dies per Gesetz ausdrücklich beschließen. Davon ist derzeit aber nicht die Rede.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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