Was die Bundesregierung beim Wohnungsbau erreicht hat – und was nicht
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Der Begriff weckt große Erwartungen: „Wohnraumoffensive“. Gemeint ist damit ein Maßnahmenbündel, das Bund, Länder und Kommunen im September 2018 verabredet haben, um den Mangel an – vor allem bezahlbaren – Wohnungen in den Griff zu bekommen. Nach zweieinhalb Jahren zieht die Bundesregierung jetzt ein erstes Zwischenfazit.
Scholz: „ein ordentlicher Schritt voran”
„Ich bin mit der Bilanz recht zufrieden“, sagte Bauminister Horst Seehofer (CSU) am Dienstag. Keine Bundesregierung habe bisher in zwei Jahren so viele Impulse für den Wohnungsbau gesetzt. Positiv gestimmt zeigte sich auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Man sei einen ordentlichen Schritt vorangekommen. Es sei aber wichtig, dass die Regierung sich jetzt nicht ausruhe, sondern weiter Tempo mache. „Wenn wir es nicht schaffen, jedem eine bezahlbare Wohnung zur Verfügung zu stellen, hat das Konsequenzen für das soziale Miteinander in diesem Land.“
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Ende der Wahlperiode 1,5 Millionen neue Wohnungen zu schaffen. Dieses Ziel wird die Koalition nicht ganz erreichen: Gerechnet wird derzeit mit etwa 1,2 Millionen fertiggestellten Wohnungen bis zur Bundestagswahl. Gleichzeitig gibt es aber einen Bauüberhang von 770.000 Wohnungen – diese wurden bereits genehmigt, sind aber noch im Bau oder existieren bisher nur auf dem Papier.
Sozialwohnungen: Bund engagiert sich mehr
Das Ziel von 100.000 neuen Sozialwohnungen wird laut Seehofer sogar leicht übertroffen, er erwartet 115.000 neue Sozialwohnungen. Allein der Bund wendet in dieser Wahlperiode fünf Milliarden Euro für den Sozialen Wohnungsbau auf. Damit der Bund sich auf diesem Feld weiter engagieren darf, wurde eigens das Grundgesetz geändert. Vor allem die SPD hatte darauf gedrängt. Zudem stellt der Bund seine nicht mehr benötigten Grundstücke mittlerweile Kommunen zum Vorzugspreis zur Verfügung, damit diese dort günstige Wohnungen schaffen können.
Trotzdem bewertet der Deutsche Mieterbund die Entwicklung kritisch, weil in jedem Jahr mehr alte Sozialwohnungen aus der Preisbindung fallen als neue geschaffen werden. Die SPD will deshalb künftig 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr schaffen statt wie bisher in der ganzen Wahlperiode. Olaf Scholz verweist darauf, dass etwa die Hälfte der Haushalte in Deutschland Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein hätten. Es gehe „nicht um eine Minderheit, sondern um die Mitte der Gesellschaft“.
Dass die Sozialwohnungsförderung verstetigt und erhöht wird, fordert auch Ralph Spiegler, der Vorsitzende der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände. Die Bundesländer müssten das kofinanzieren. Der Hintergrund: Seit der Föderalismusreform sind eigentlich die Bundesländer für den Sozialen Wohnungsbau zuständig. Der Bund zahlt ihnen im Gegenzug sogenannte Entflechtungsmittel, doch diese werden von vielen Bundesländern für andere Zwecke und nicht für den Sozialwohnungsbau eingesetzt.
Deutlich mehr Wohnungen als vor zehn Jahren
Das von der Bundesregierung neu eingeführte Baukindergeld wurde 310.000 Mal beantragt, der Bund hat rund 6,5 Milliarden Euro dafür aufgewendet. Es soll Familien helfen, Wohneigentum zu erwerben. Das Durchschnittseinkommen der Antragsteller*innen lag laut Seehofer bei 45.000 Euro, es seien also in der Regel keine Großverdiener*innen. Neu eingeführt wurden auch Sonder-Abschreibungsmöglichkeiten, also Steuervorteile für diejenigen, die neue Wohnungen schaffen.
Die Impulse der Politik wirken offenbar. Insgesamt liegt der Wohnungsbestand in Deutschland jetzt bei 42,5 Millionen, das sind etwa zwei Millionen mehr als im Jahr 2010. Trotz Pandemie wurden im vergangenen Jahr etwa 300.000 neue Wohnungen fertiggestellt, doppelt so viele wie vor zehn Jahren.
Maßnahmen gegen steigende Mieten und Luxusmodernisierung
Gleichzeitig hat die Bundesregierung eine Reihe von Mieter*innenschutz-Maßnahmen auf den Weg gebracht. Zwei Beispiele: Die Mietpreisbremse wurde bis 2025 verlängert und verschärft. Zudem wurden die Möglichkeiten für Vermieter*innen beschränkt, Modernisierungskosten auf die Mieter*innen umzulegen. Man habe das reguliert, „damit sich niemand nach der Modernisierung seine Wohnung nicht mehr leisten kann“, erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Dienstag bei einer Talk-Runde zur Wohnraumoffensive.
Das Mietrecht mehr zu regulieren und sozialer zu gestalten war vor allem der SPD ein Anliegen. Man habe sich aber „immer gut verständigt“, betonte Bauminister Seehofer am Dienstag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) räumte zugleich ein: „Für jemanden, der CDU-Politikerin ist, ist das Wort der Mietpreisbremse nicht immer etwas gewesen, das mir schon in die Wiege gelegt wurde“.
Ein Großprojekt der Wohnraumoffensive ist noch nicht umgesetzt, aber vom Kabinett bereits auf den Weg gebracht worden: Das Baulandmobilisierungsgesetz. Es soll den Städten und Gemeinden mehr Handlungsspielraum geben um bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Dazu wird das Baurecht umfangreich reformiert. Auch sollen Kommunen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt ein Vorkaufsrecht für Immobilien und Grundstücke erhalten. Die SPD will mit dem Gesetz den Einstieg in eine sozialere Bodenpolitik schaffen. Die Beratungen im Bundestag seien „nicht völlig spannungsfrei“, sagte Bundeskanzlerin Merkel am Dienstag. Sie wolle aber erreichen, dass das Gesetz noch in dieser Wahlperiode verabschiedet wird.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der DEMO
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.