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Was Deutschland im Kampf gegen den Klimawandel leisten muss

Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine der zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre. Die Art und Weise wie wir leben wird sich dadurch radikal verändern. Das verunsichert die Menschen. Die SPD ist deshalb besonders gefragt.
von Matthias Miersch · 16. November 2017
„Wir müssen die planetaren Grenzen akzeptieren und an ihnen unsere politischen Instrumente ausrichten“, sagt SPD-Umweltpolitiker Matthias Miersch.
„Wir müssen die planetaren Grenzen akzeptieren und an ihnen unsere politischen Instrumente ausrichten“, sagt SPD-Umweltpolitiker Matthias Miersch.

Der Klimawandel beruht auf naturwissenschaftlichen Gesetzen. Diese Gesetze müssen wir –  den Klimawandel jedoch nicht. Je mehr Treibhausgase wir in die Atmosphäre abgeben, umso höher fällt die Erderwärmung aus. Wir dürfen deshalb zukünftig global nur noch eine begrenzte Menge an Treibhausgasen ausstoßen, um die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten. Die Klima-Wissenschaft geht in diesem Zusammenhang von einem maximalen Ausstoß von rund 800 Milliarden Tonnen CO2 aus. Derzeit werden jährlich weltweit circa 41 Milliarden Tonnen CO2 emittiert, davon etwas über 800 Millionen Tonnen alleine in Deutschland.

Die Bevölkerung hat ein Recht auf Sicherheit

Ein Temperaturanstieg deutlich über zwei Grad hätte gravierende negative Folgen für unsere ökonomische, ökologische und soziale Entwicklung und wäre mit erheblichen Risiken für unsere Lebensgrundlagen verbunden. Die Menschen wollen Sicherheit, auch für ihre Kinder. Sie erwarten zurecht von der Politik, dass sie dieses drohende Szenario abwendet.

Auch aus diesem Grund haben sich die Vereinten Nationen 2015 im Klimaabkommen von Paris darauf verständigt, die Weltwirtschaft bis zur zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts treibhausgasneutral zu gestalten. Es dürfen dann nur noch so viele Treibhausgase ausgestoßen werden, wie von der Natur im gleichen Zeitraum wieder aufgenommen werden.

Wege aus der Treibhausfalle

Wir müssen die planetaren Grenzen akzeptieren und an ihnen unsere politischen Instrumente ausrichten. Die SPD hat sich deshalb das Ziel gesetzt, bis 2050 weitestgehend Treibhausgasneutralität zu erreichen. Treibhausgasneutralität ist der Rahmen, in dem wir Wirtschaft und Gesellschaft, Wohlstand, soziale Sicherheit sowie gerechte Teilhabe neu gestalten müssen.

Diskutieren müssen wir die Maßnahmen, mit denen wir dieses Ziel erreichen wollen. Umweltministerin Barbara Hendricks hat mit dem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und dem Klimaschutzplan 2050 erstmals Wege aufgezeigt, wie die notwendigen Treibhausgasminderungen in den verschiedenen Sektoren (Energiewirtschaft, Gebäudebereich, Mobilität, Industrie und Wirtschaft, Landwirtschaft sowie Landnutzung und Forstwirtschaft) zu erreichen sind.

Ökonomie, Ökologie und Gerechtigkeit zusammen denken

Die SPD muss hier konsequent anknüpfen und im Dialog mit Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft technologieneutrale und innovationsoffene Lösungswege entwickeln. Dabei ist es entscheidend, die drei Säulen Ökonomie, Ökologie und soziale Gerechtigkeit miteinander in Einklang zu bringen – wobei die Ökologie die Lebensbedingungen bestimmt, innerhalb derer sich Ökonomie und soziale Gerechtigkeit entwickeln können. Anders als bei den Klientelparteien FDP, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE muss es Anspruch der SPD sein, alle drei Bereiche gemeinsam zu denken.

Im Jahr 2015 arbeiteten nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie bereits mehr als 330.000 Beschäftigte in Deutschland alleine im Bereich der Erneuerbaren Energien. Weltweit waren es über 8 Millionen, davon 3,5 Millionen in China – Tendenz steigend. Im Bereich Klimaschutz erzielten die Betriebe des Produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors in Deutschland 2015 laut Statistischem Bundesamt einen Umsatz von 37,9 Milliarden Euro. Diese Zahlen belegen, wo die Arbeitsplätze der Zukunft entstehen. Immer mehr deutsche Unternehmen fordern auch deshalb eine ambitionierte Klimaschutzpolitik.

Den Strukturwandel begleiten

Dort, wo die Arbeitsplätze absehbar wegfallen werden – wie beispielsweise bei der Kohleverstromung oder der Herstellung von Verbrennungsmotoren – müssen wir den bevorstehenden Strukturwandel anerkennen und frühzeitig intensiv begleiten. Auch hier erwarten die Menschen Sicherheit von der SPD. Diese kann es aber nur geben, wenn wir uns rechtzeitig den neuen Herausforderungen stellen und massiv in die Zukunft dieser Regionen investieren.

Das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, muss eingehalten werden. Es wurde seit 2007 von allen drei Bundesregierungen anerkannt. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kanter EMNID vom August 2017 erwarten mehr als 73 Prozent der Menschen in Deutschland von der Politik die Einhaltung dieses Klimaziels. Die kommende Bundesregierung muss deshalb bereits 2018 ein abgestimmtes Maßnahmenpaket vorlegen, mit dem das 2020-Ziel noch eingehalten werden kann. Auf der UN-Klimakonferenz die vorausreitende Klimakanzlerin zu geben, ohne selbst die Ziele einzuhalten, wird nicht funktionieren.

CDU/CSU und FDP müssen ihre Blockade beenden

Zudem brauchen wir eine stärkere europäische und internationale CO2-Bepreisung sowie ein nationales Klimaschutzgesetz, um die mittelfristigen Klimaziele erreichen zu können. Eine gesetzliche Regelung würde zwar mehr Zeit beanspruchen, aber auch die politische und gesellschaftliche Konsensbildung deutlich fördern. Es ist an der Zeit, dass CDU/CSU und FDP hier endlich ihre langjährige Blockadepolitik beim Klimaschutz aufgeben.

Autor*in
Matthias Miersch
Matthias Miersch

ist stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und zuständig für die Bereiche Umwelt, Klimaschutz, Energie, Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz.

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