Was das Klimaabkommen für Deutschland bedeutet
Zwei Tage nach der Einigung auf einen verbindlichen Klimavertrag bewegen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks zwei Gefühle. Sie sei „erleichtert und auch ein bisschen stolz“, sagt Hendricks am Montag Vormittag in der Bundespressekonferenz. Am Revers ihres Sakkos trägt sie auffällig einen grünen Stein und eingefasst von Fransen getrockneten Grases. Es sei ein „Flechtwerk“ von den Marshall-Inseln, das ihr deren Außenminister Tony de Brum während der Klimaverhandlungen in Paris überreicht habe. Es sollte Glück bringen.
De Brums Flechtwerk hat offenbar gute Dienste geleistet. In Paris wurde ein Klimaschutzabkommen unterzeichnet, das erstmals völkerrechtlich verbindlich alle Staaten der Welt in die Pflicht nimmt. „Das war nicht selbstverständlich“, betont Hendricks und nur möglich, weil „alte Lager aufgebrochen“ und eine „Koalition der Ambitionierten“ geschmiedet wurde.
Hendricks verspricht „weitergehende Anstrengungen“ für den Klimaschutz
„Das Abkommen übertrifft unsere Erwartungen“, gibt die Bundesumweltministerin zu. Vor allem die Tatsache, dass sich alle Staaten darauf verständigen konnten, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen, sei ein Erfolg. Und Hendricks will sogar mehr: „Wir werden weitergehende Anstrengungen unternehmen, um eine Erwärmung von maximal 1,5 Grad zu erreichen“, verspricht sie. Im neuen Abkommen ist das Ziel als wünschenswert ebenfalls aufgenommen worden.
Lob dafür hatte sie bereits vor dem Ende des Pariser Gipfels von Umweltorganisationen bekommen. „Bundesumweltministerin Hendricks gebührt für ihre Unterstützung der 1,5-Grad-Grenze ausdrücklich Dank“, betonte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger. Er forderte auch: „Um tatsächlich unter 1,5 Grad zu bleiben, müssen die nationalen Klimaschutzpläne deutlich nachgebessert werden.“
Das Ende von Kohle und Gas in Deutschland
Das will Barbara Hendricks tun. In Berlin kündigt sie an, einen „Klimaschutzplan 2050“ zu erarbeiten, der noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2016 das Kabinett passieren soll. Darin wird wohl auch das Ende für Kohle und Gas als Energieträger beschlossen werden. „Ich sehe nicht, dass wir in Deutschland über 2050 hinaus Energie aus fossilen Trägern haben werden“, sagt Hendricks am Montag.
Damit würde Deutschland über die Vorgaben des Klimaabkommens hinaus gehen. „Ein klares, langfristiges Ziel zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern und dem Abbau von Treibhausgasen wird im Vertragstext nicht deutlich“, hatte bereits am Samstag der langjährige Vorsitzende des Umweltausschusses im Europaparlament Jo Leinen kritisiert. Tatsächlich ist es jedem Unterzeichnerland selbst überlassen, wie es die Vorgabe der „Treibhausgasneutralität“ erfüllt. Denkbar sind etwa Aufforstungen zum Ausgleich von CO2-Emissionen oder die Nutzung der umstrittenen CCS-Technologie, bei der CO2 abgeschieden und unterirdisch eingelagert wird.
Hendricks: Paris gibt Rückenwind für Deutschland
„Mit dem Parisabkommen stehen wir unter Druck, den internationalen Verabredungen nachzukommen“, ist Frank Schwabe überzeugt. Der stellvertretende umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion ist sicher: „Die Welt hat ein klares Signal für den Klimaschutz gesetzt. Für Deutschland bedeutet dies, den Umstieg auf Erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz weiter zu beschleunigen.“ Schwabe sieht in Deutschland vor allem Nachholbedarf im Bereich der CO2-Einsparungen. „Die im Rahmen des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 beschlossenen Maßnahmen müssen mit voller Kraft umgesetzt werden, damit Deutschland doch noch sein ehrgeiziges Einsparziel von 40 Prozent bis 2020 erreicht.“
Das Pariser Abkommen setze Deutschland unter Druck, den internationalen Verabredungen nachzukommen. „Wir waren lange Zeit Vorreiter, aber wenn wir jetzt stehenbleiben, dann überholen uns andere.“ Bundesumweltministerin Hendricks sieht das entspannter. „Paris gibt den Klimaschutzanstrengungen in Deutschland weiter Rückenwind“, ist sie überzeugt. „Was wir in Paris beschlossen haben, ist nicht das Ende, sondern erst der Anfang.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.