Inland

Was außer Donald Trump heute noch wichtig ist

Viele können den Namen „Trump“ schon jetzt nicht mehr hören. Da hilft es, am Tag nach der US-Wahl den Blick auf andere Themen zu richten: Von der Türkei bis hin zur Klimapolitik. Und: Wer wird der nächste deutsche Präsident?
von Paul Starzmann · 9. November 2016
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Donald Trumps tiefe Skepsis gegenüber dem amerikanischen Wahlsystem ist bekannt, Zweifel an der demokratischen Überzeugung des designierten US-Präsidenten scheinen also berechtigt.

Was damit möglicherweise auf die USA zukommt, ist in der Türkei längst Realität: Seit Monaten attackiert die AKP-Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdoğan kritische Justizmitarbeiter, oppositionelle Politiker sowie liberale Medien. Trotzdem will die deutsche Regierung die Zusammenarbeit mit Ankara noch nicht ganz einstellen – auch weil deutsche Soldaten im türkischen Incirlik stationiert sind, um sich am internationalen Kampf gegen den „Islamischen Staat“ zu beteiligen.

SPD: Deutsche Soldaten bleiben in der Türkei

Christine Lambrecht, Parlamentarische Geschäftführerin der SPD-Bundestagsfraktion, geht davon aus, dass ihre Fraktion am Donnerstag mit großer Mehrheit für eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes stimmen wird. Den Abgeordneten sei jedoch wichtig, dass für sie ein „uneingeschränktes Besucherrecht“ auf der türkischen Militärbasis gilt. In der Vergangenheit hatte die Türkei deutschen Abgeordneten immer wieder die Einriese verweigert.

Mit dem Votum für eine Verlängerung des Bundeswehrmandats werde ausdrücklich nicht die Türkei unterstützt, betonte Lambrecht am Mittwoch in Berlin. „Es geht darum, diesen Einsatz zu unterstützen“, erklärte sie zum Kampf gegen den IS. Für die Repressionen unter der AKP-Regierung fehlt Lambrecht jedes Verständnis. „Das ist ein Unding“, sagte sie mit Blick auf die Einschränkung der Pressefreiheit und die Verhaftung oppositioneller Politiker in der Türkei.

Lambrecht: Kein Klima-Konflikt in der SPD

Ein weiteres wichtiges außenpolitisches Thema dieser Woche ist der UN-Klimaschutzgipfel, der seit Montag in der marokkanischen Stadt Marrakesch stattfindet. Verschiedene Zeitung hatten zuletzt über einen Streit in den Reihen der SPD berichtet: Es hieß, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel habe die Pläne von Umweltministerin Barbara Hendricks zum Klimaschutz auf den letzten Metern gestoppt. Davon könne allerdings keine Rede sein, meinte Christine Lambrecht am Mittwoch. Es gebe sowohl bei Kanzlerin Merkel als auch in Teilen der Union noch „Klärungsbedarf“ zum Klimaschutzplan des Umweltministeriums. Dieser soll laut Lambrecht jedoch bis Freitag ausgeräumt werden, damit Hendricks mit einem „abgestimmten Konzept“ im Gepäck in der kommenden Woche nach Marokko reisen könne.

Der „Klimaschutzplan 2050“ sei „keineswegs geplatzt“, so Lambrecht. „Es geht um eine Woche“, betonte sie mit Blick auf die jüngsten Verzögerungen. Die Pläne des Umweltministeriums folgten jedoch einem „klaren Fahrplan“.

Wer wird Trump nach Bellevue einladen?

Schon fast ein Dauerbrenner ist seit einigen Wochen die „B-Frage“: Wer wird Bundespräsidenten Joachim Gauck im Februar 2017 im Amt folgen? Für die Amerikaner steht seit der Nacht auf Mittwoch fest, wer für die kommenden vier Jahre ihr Staatsoberhaupt sein wird. In Deutschland ist das Rennen dagegen noch offen. Christine Lambrecht hält Außenminister Frank-Walter Steinmeier, den die Sozialdemokraten ins Gespräch für das höchste Amt im Staat gebracht haben, für einen „überragenden Kandidaten“. Er sei nicht nur in der eigenen Partei, sondern „weit darüber hinaus“ äußerst beliebt.

Einem möglichen Gegenkandidaten, der von Union und Grünen getragen werden könnte, räumt Lambrecht nur geringe Chancen ein. So habe Katrin Göring-Eckardt, Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, eine mögliche Nominierung bereits abgelehnt, sagte Lambrecht. Bei der Suche nach einem neuen Bundespräsidenten gilt für die SPD-Politikerin: „Wir sind weiterhin zu Gesprächen bereit.“ Allerdings könne sich Lambrecht nicht vorstellen, dass es einen besseren Kandidaten gibt als Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Nach dem US-Wahlkrimi in der Nacht auf Dienstag können sich die Deutschen darauf einstellen, dass das Rennen um das Schloss Bellevue spannend bleibt.

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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