Inland

Warum in NRW unter Schwarz-Gelb der Kollaps bei der Windkraft droht

Deutschland will schnell die Abhängigkeit von Öl und Erdgas aus Russland reduzieren. Was helfen würde: der schnelle Ausbau von Erneuerbaren Energien. Doch in Nordrhein-Westfalen droht Flaute bei der Windkraft.
von Benedikt Dittrich · 29. März 2022
Energiewende gebremst: In NRW gilt weiterhin eine 1000-Meter Abstandsregel für Windkraftanlagen.
Energiewende gebremst: In NRW gilt weiterhin eine 1000-Meter Abstandsregel für Windkraftanlagen.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll in Deutschland deutlich beschleunigt werden – darüber ist sich die Politik im Grunde einig. Möglichst schnell mit Wind und Sonne unabhängig werden von Gas, Öl und Kohle aus Russland, das ist die Devise seit Beginn des Krieges in der Ukraine.

Ein Weg wäre der beschleunigte Ausbau der Windkraft. Doch Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen stehen dabei weiterhin auf der Bremse. Denn die von CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst geführte schwarz-gelbe Landesregierung will weiterhin an den umstrittenen Abstandsregeln für Windkraftanlagen festhalten. Das geht aus einer Anfrage der NRW-SPD hervor. Die Sozialdemokrat*innen geißeln die „Verhinderungspolitik“, die vorsieht, dass Windkraftanlagen nur in einem Kilometer Abstand zu Wohnhäusern errichtet werden dürfen.

Der Kilometer-Abstand

Der Ausbau der Windkraft an Land wird vor allem über Vorranggebiete, Naturschutz-Vorgaben, Abstandsregeln und ähnliche Bestimmungen geregelt, die sich von Land zu Land unterscheiden. In der Umsetzung sind die Länder zwar weitestgehend frei, insgesamt sollen aber künftig auf zwei Prozent der Landesfläche Windkraftanlagen Strom erzeugen – zusammen mit Solar,  Windkraft auf dem Meer und anderen Quellen soll so der Energiebedarf in Deutschland klimaneutral gedeckt werden.

Ob diese zwei Prozent in NRW erreicht werden, daran gibt es Zweifel. Denn bei den Einschränkungen ist Nordrhein-Westfalen weit vorne – im negativen Sinne: Einen Kilometer Abstand müssen neue Windkraftanlagen zur Wohnbebauung haben, durchgesetzt hat diese Regel die schwarz-gelbe Landesregierung, damals noch unter Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Ähnlich strikt ist Bayern mit seiner „10-H-Regel“: Demnach muss eine Windkraftanlage das Zehnfache der Narbenhöhe als Abstand einhalten. Das bedeutet bei den aktuellen Anlagen ebenfalls Entfernungen von über 1.000 Metern wie in NRW.

André Stinka, Fraktionsvize der SPD im Landtag in Düsseldorf, sprach deswegen schon von einer „Windkraft-Verhinderungspolitik“, die auch Arbeitsplätz gekostet habe. „Die im Grunde ihre eigene Energieversorgungsstrategie ad absurdum führt“, kritisiert der SPD-Fraktionsvize in Düsseldorf. Die Abstandsregelung müsse fallen, „damit im Bereich der Erneuerbaren tatsächlich Luft unter die Flügel kommt!“

Bis jetzt steht NRW beim Windkraftausbau in absoluten Zahlen noch auf Platz vier im Ländervergleich. Doch aufgrund der Abstandsregeln wird die Fläche für neue Anlagen knapp: Der Landesverband Erneuerbare Energien in NRW hat seine Zweifel, dass die Landesregierung ihre selbst gesetzten Ziele erreichen kann: Bis 2030 soll die installierte Windkraft-Leistung in NRW verdoppelt werden – von 6.000 jetzt auf rund 12.000 Megawatt. So wird es in der Energieversorgungsstrategie, die auch Stinka erwähnt, beschrieben. Zum Vergleich: Das Land Niedersachsen als Spitzenreiter hat im Jahr 2021 bereits rund 11.000 erreicht.

Kutschaty: Kein Platz mehr für Windkraft-Gängelung

Selbst eine noch nicht veröffentlichte Studie des Landesumweltamts teilt diese Zweifel offenbar, wie der WDR schreibt. Um die geplanten 1.2000 Megwatt zu erreichen, wären je nach Leistung 100 bis 200 neue Anlagen pro Jahr nötig. Laut der Studie wäre aber wohl nur noch Platz für rund 300, wenn Abstandsregeln eingehalten und Naturschutzgebiete und Wälder als Fläche rausgerechnet werden. Der Ausbau könnte also bald ins Stocken geraten, selbst wenn die jetzt vorhandene Fläche voll ausgeschöpft würde.

Diese Ausbau-Blockade will die Landes-SPD verhindern, wie Spitzenkandidat Thomas Kutschaty bekräftigt: „Für mich ist klar: In einem #NRWvonMorgen ist für diese Gängelung der Windkraft kein Platz mehr“, schreibt er auf Twitter. Im Wahlprogramm versichern die Sozialdemokrat*innen außerdem, dass NRW seinen Beitrag zum Zwei-Prozent-Ziel leisten will, „sei es in Wirtschaftswäldern oder durch Aufhebung der derzeitigen starren Abstandsflächen.“ Außerdem solle Klimaschutz zum Gewinn für alle werden, Menschen von Windenergieanlagen in der Nähe profitieren, beispielsweise über günstigere Stromtarife.

Die zwei Prozent Landesfläche für Windkraftanlagen wird als notwendig angesehen, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen und außerdem langfristig die Energieversorgung in Deutschland zu sichern. Ausbauziele für Windkraft auf dem Meer und Photovoltaik sind dabei bereits eingerechnet. Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine waren jüngst außerdem Forderungen erhoben worden, die Energiewende zu beschleunigen um schneller unabhängig von russischen Energieimporten zu werden.

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