Inland

Warum kriminelle Flüchtlinge oft nicht abgeschoben werden

Nach den koordinierten Attacken von Köln fordern Vertreter von SPD und CDU, dass kriminelle Flüchtlinge Deutschland schneller verlassen müssen. Das ist nachvollziehbar, meint Christian Rath, warnt aber vor ganz praktischen Problemen.
von Christian Rath · 11. Januar 2016
Stempel „Abgeschoben“
Stempel „Abgeschoben“

Wer nach Deutschland kommt, um Taschendiebstähle zu begehen oder Frauen sexuell zu nötigen, kann und sollte ausgewiesen und abgeschoben werden - auch wenn er hier einen Asylantrag gestellt hat. Diese Forderung, insbesondere der Union, ist nachvollziehbar. Sie ist auch verantwortbar, denn es gibt dabei genügend humanitäre Sicherungen. Dennoch scheitert eine solche Abschiebung oft auch an ganz praktischen Hindernissen.

Ohne Urteil keine Abschiebung

So müssen die Täter erst einmal überführt und verurteilt werden. Die Aufklärung der Kölner Silvesternacht zeigt, wie schwierig das ist.

Wer anerkannter Flüchtling ist oder einen (noch nicht abgelehnten) Asylantrag gestellt hat, ist besonders vor Ausweisung geschützt. Den Schutz verliert er derzeit nur, wenn er zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wurde. Die CDU will diese Grenze auf ein Jahr herabsetzen. Darüber kann man reden. Denn auch für eine einjährige Strafe muss man einiges ausgefressen haben. Ein einmaliger Diebstahl genügt nicht.

Jeder einzelne Fall muss geprüft werden

Außerdem findet vor der Ausweisung dann immer noch - wie bei jedem Ausländer - eine Einzelfallprüfung statt. Je länger ein Flüchtling in Deutschland lebt und je enger seine Bindungen sind, desto schwerer müssen die Straftaten sein, die die Ausweisung begründen.

Der Vollzug der Ausweisung - genannt Abschiebung - kann aber immer noch scheitern. So wird ein Syrer nicht in den Bürgerkrieg zurückgeschickt, auch wenn er strafrechtlich verurteilt wurde. Bei kriminellen Marokkanern oder Algeriern verhindern dagegen eher praktische Probleme die Abschiebung - insbesondere, wenn sie keine Pässe mehr haben und keine oder falsche Angaben zu ihrer Herkunft machen. Die Heimatländer haben meist kein größeres Interesse an ertappten Taschendieben.

Eher unwahrscheinlich: Kürzung von Entwicklungshilfe

SPD-Chef Sigmar Gabriel will unkooperativen Heimatstaaten deshalb die Entwicklungshilfe kürzen. Allerdings ist Entwicklungshilfe kein Almosen, sondern dient auch deutschen Interessen, etwa der Förderung deutscher Exporte oder der Stärkung bestimmter Staaten und Regierungen. Die Praxis der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Abschiebung von unerwünschten Ausländern kein Ziel ist, dem andere Interessen automatisch untergeordnet werden.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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