Warum Heil und Kühnert in der Krise auf Weiterbildung pochen
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6,8 Millionen Menschen sind nach Aussage von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil derzeit in Kurzarbeit. Das bedeutet auch: 6,8 Millionen Menschen arbeiten derzeit weniger, als ihr Vertrag vorsieht, weil das Unternehmen nach eigenen Angaben von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen ist. Gäbe es keine staatliche Unterstützung für die Mitarbeiter*innen, müssten diese Unternehmen womöglich vielen Menschen kündigen. „Massenarbeitslosigkeit wäre für den Staat, die Gesellschaft und die Sozialversicherungen dauerhaft noch viel teurer“, sagt Heil im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse – und nutzt dies auch als Argument für seine Forderung, das Kurzarbeiter*innengeld noch auf das kommende Jahr auszudehnen.
Doch was dann? Mit dem Konjunkturpaket soll die Wirtschaft wieder angekurbelt werden, der Staat investiert viele Millionen Euro, um Jobs zu erhalten, aufzuwerten oder in neuen Wirtschaftszweigen neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dass deswegen gar keine Arbeitsplätze verloren gehen in den kommenden Monaten, kann der Arbeitsminister nicht versprechen. Aber er will Mitarbeiter*innen, die jetzt von Arbeitslosigkeit bedroht sind, dazu befähigen, künftig andere Jobs antreten zu können. Deswegen will er die Möglichkeiten für Kurzarbeit nicht nur verlängern, sondern mit Qualifizierung koppeln – also Weiterbildungsangebote für Betroffene fördern, die noch einen Job haben, aber nicht wissen, für wie lange noch.
Weiterbildung ja, aber bitte gezielt
Also einfach jeder Person in Kurzarbeit auch noch in ein Fortbildungsseminar setzen? Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn es bleibt die Frage, welche Fortbildung, welche Qualifikation denn nun künftig gebraucht wird. Einer, der sich mit diesem Thema ebenfalls beschäftigt hat, ist Kevin Kühnert, Juso-Chef und stellvertretender Parteivorsitzender wie Hubertus Heil. Neben der Sorge um den Ausbildungsnachwuchs treibt ihn auch die Weiterbildung der älteren Fachkräfte um.
Im Gespräch mit Vorsitzenden der Jugendorganisationen der anderen Parteien in Deutschland sagte er über die Folgen der Corona-Krise für den Arbeitsmarkt: „Natürlich müssen wir über Qualifizierung und über Weiterbildung reden.“ Gleichzeitig schränkt er aber auch ein, dass der Zeitpunkt dafür – also mitten in der Krise – eigentlich nicht ideal ist. Denn obwohl derzeit viele Menschen aufgrund von Kurzarbeit mehr Zeit für Bildungsangebote hätten, komme eine Weiterbildung mitten in der Krise für Kühnert eigentlich zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Denn gerade jetzt stelle sich ja die Frage, in welche Richtung sich die Wirtschaft, die Gesellschaft entwickele, so Kühnert. Unabhängig von der Corona-Pandemie stecke Deutschland aufgrund von Energiewende, Digitalisierung und vielen anderen Veränderungen mitten in einem Strukturwandel.
Als Beispiel führte er die Automobilindustrie an, die vor einem großen Umbruch steht – Stichwort E-Mobilität. Um zielgerichtet die Mitarbeiter*innen zu qualifizieren, müsse klar sein, in welche Richtung sich diese Industrie entwickle, gibt Kühnert zu bedenken: „Dafür muss entschieden sein: Auf welche Antriebstechnologie setzen wir?“ Ohne eine Antwort auf diese Frage sei eine Weiterbildung in diesem Bereich ziellos und fehlgeleitet. Für Kühnert ein Thema, über das auch im Kontext eines möglichen zweiten Konjunkturpakets zu reden sei.
Unterstützung auch für kleinere Betriebe
Allerdings: Um passende, zielgerichtete Weiterbildungsangebote zu entwickeln, setzt das Arbeitsministerium Stück für Stück die nationale Weiterbildungsstrategie um, die Hubertus Heil im vergangenen Jahr vorgestellt hatte. Basis ist das „Qualifizierungschancengesetz“, das ebenfalls im vergangenen Jahr verabschiedet worden war.
Seit Anfang Juli können zum Aufbau eines Weiterbildungsverbunds Bewerbungen eingereicht werden. Ziel des Förderprogramms ist die Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter*innen.