Inland

Warum die Wärmepumpe nicht das E-Auto im Gebäudesektor sein kann

Viel Gas wird in Deutschland fürs Heizen verfeuert. Eine nachhaltige Technologie, um Gasheizungen zu ersetzen, gibt es aber schon: Die Wärmepumpe. Bundesbauministerin Klara Geywitz will bei der „Wärmewende“ aufs Tempo drücken – und hat auch Ideen.
von Benedikt Dittrich · 29. Juni 2022
Die Nachfrage nach Wärmepumpen als Alternative zur Gasheizung steigt.
Die Nachfrage nach Wärmepumpen als Alternative zur Gasheizung steigt.

Wenn im Winter wieder Wohnungen, Büros und Fabriken geheizt werden müssen, werden dafür vorrangig fossile Energieträger verbrannt –  vor allem Kohle und Gas dienen in Deutschland der Heizungswärme. Doch das soll sich möglichst schnell ändern. Dem Gebäudesektor steht eine „Wärmewende“ bevor, wie Bundesbauministerin Klara Geywitz am Mittwoch nochmal erinnerte. Eine zentrale Technologie steht dabei im Mittelpunkt: Die Wärmepumpe.

Denn die Wärmepumpe – eine Heizungstechnik, die mit Strom aus Erneuerbaren Energien betrieben werden kann – soll großflächig und möglichst schnell Öl- oder Gasheizungen ersetzen. Die Nachfrage nach dieser Heizungsmethode steigt, wie sowohl Bauministerin Geywitz als auch Bundeswirtschaftsminister Habeck nach dem „Wärmepumpengipfel“ am Mittwoch berichten.

Klara Geywitz: Brauchen eine Wärmewende

Ein Wandel im Bau- und Wohnungssektor, den die Sozialdemokratin Geywitz nicht kleinreden will: „Die Transformation im Gebäudesektor ist ähnlich umwälzend wie die im Automobilsektor.“ Seit Jahrzehnten habe man Gebäude gebaut, die mit fossilen Energieträgern beheizt wurden, jetzt plane man die Wärmewende.

Anders als im Automobilsektor allerdings, wo derzeit der Elektromotor als zentrale Technik der Transformation angesehen wird, gestaltet sich der Gebäudebereich aus Sicht der Ministerin aber etwas komplizierter. Es werde vermutlich nicht die eine Technologie geben, um sowohl bei Neubauten als auch Sanierungen fossile Heizungstechniken zu ersetzen, erklärt Geywitz am Mittwoch. „Deswegen muss die Wärmewende technologieoffen geschehen. Natürlich spielt die Wärmepumpe dabei aber eine große Rolle.“ Wovon die Bauministerin aber überzeugt ist: „Es wird für jedes Gebäude eine Lösung geben.“

Für Wärmepumpen entsteht gerade ein großer Markt und eine Industrie, wie sowohl Habeck als auch Geywitz nach dem Gipfel mit Hersteller*innen, Wohnungswirtschaft und Energiewirtschaft erklären. Markt und Industrie, die beide MInister*innen gerne im Land halten wollen. „Sonst kommen wir nach der fossilen Abhängigkeit womöglich nur in die nächste Abhängigkeit“, warnt Geywitz mit Blick in Richtung Asien.

Die Wärmepumpe, der umgekehrte Kühschrank

Mit einer Wärmepumpe wird Umgebungsluft aufgenommen und erwärmt – ähnlich wie ein Kühlschrank Luft kühlen kann, kann eine Wärmepumpe die Luft erwärmen. Vereinfacht gesprochen entzieht die Pumpe der direkten Umgebung – beispielsweise Luft, Wasser oder Erde – die Wärme und gibt sie im Gebäude wieder ab. Dafür benötigt die Pumpe Strom, der aber natürlich aus Erneuerbaren Energien stammen kann.

Um die Technik möglichst schnell und großflächig nutzen zu können, will die Bauministerin mehrere Probleme möglichst schnell aus dem Weg schaffen, wie sie beim Wärmepumpengipfel erklärt.

Geywitz will Kommunen mit ins Boot holen

Zum einen: Quartierslösungen vorantreiben. „Wir müssen so viel Infrastruktur aufbauen, dass wir nicht in individuellen Lösungen denken können“, fordert Geywitz den Blick auf mehr als nur einzelne Wohnungen zu richten. Um den Umbau zu beschleunigen, will sie dafür schnellstmöglich Kommunen über eine kommunale Wärmeplanung mit ins Boot holen.

Zum anderen soll im Idealfall der Strom, den eine solche Pumpe benötigt, direkt vor Ort produziert werden. Das Haus, der Stadtteil, als Kreislauf, in dem mit Photovoltaik auf dem Dach Strom produziert und von Wärmepumpen im Keller genutzt wird. Dafür sollen die Bedingungen für Mieterstrom verbessert werden, Hausbesitzer*innen sollen so einfacher Strom vom Dach an Mieter*innen verkaufen können. Außerdem sollen Bau- und Genehmigungsverfahren standardisiert und entbürokratisiert werden, verspricht Geywitz, „damit Häuser bezogen werden können und man nicht auf die Genehmigung der Wärmepumpe wartet“.

Ehrgeizige Ausbauziele bis 2030

Nach Zahlen des Gipfels wurden bereits 2021 rund 150.000 Wärmepumpen verbaut – Tendenz steigend. Für das Ziel der Wärmewende müssten es laut Habeck in 2024 aber schon 500.000 sein und sechs Millionen in 2030. Auf dem Gipfel sei dies wohl auch als erreichbares Ziel gesehen worden, so Habeck, trotz Fachkräftemangel und knappen Produktionskapazitäten. Sowohl Geywitz als auch Habeck sprechen im Nachgang von konstruktiven Gesprächen und einer guten Dynamik. Im Herbst soll sich die Runde erneut treffen.

Angesprochen auf direkte Subventionen geben sich beide Ministerinnen zurückhaltend. Forschung und Entwicklung könne man fördern, sagt Habeck – aber indirekt über die deutsche Forschungslandschaft. Und auch Geywitz stellt die Frage, ob Subventionen für einen ohnehin ausgelasteten Markt mit hoher Nachfrage sinnvoll seien – mit dem Geld der Steuerzahler*innen solle man schließlich verantwortungsvoll umgehen.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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