Inland

Warum die SPD NRW-Innenminister Reul scharf kritisiert

Innenminister Herbert Reul gilt als beliebtester Politiker in Nordrhein-Westfalen. Doch diese Beliebtheit gründe sich auf einen Mythos, sagt Christina Kampmann. Die SPD-Politikerin sieht zahlreiche Kritikpunkte.
von Jonas Jordan · 11. August 2023
Der CDU-Politiker Herbert Reul: Die nordrhein-westfälische SPD übt deutliche Kritik am dortigen Landesinnenminister.
Der CDU-Politiker Herbert Reul: Die nordrhein-westfälische SPD übt deutliche Kritik am dortigen Landesinnenminister.

Seit 2017 ist Herbert Reul (CDU) Innenminister von Nordrhein-Westfalen, zunächst unter Armin Laschet, nun im Kabinett von Hendrik Wüst. Der 70-Jährige gilt als einer der beliebtesten Politiker im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland. „Aus meiner Sicht gründet sich dieser Mythos auf eine geschickte Inszenierung, aber wenn man dahinter schaut, dann sieht man an vielen Stellen, dass zwar durchaus etwas passiert ist, aber nicht genug“, kritisiert dagegen Christina Kampmann, innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag.

Kampmann: „Die Menschen fühlen sich in NRW zunehmend unsicher“

Sie verweist auf Reuls Lieblingsthema, die Bekämpfung von Clan-Kriminalität. „Es gibt keine Razzia in Shishabars, bei der er nicht ganz vorne auf Fernsehbildern mit dabei ist“, sagt die SPD-Politikerin im Gespräch mit dem „vorwärts“. Trotzdem sei es auch in diesem Jahr zu Massenschlägereien und großen Tumultlagen beispielsweise in Essen und Castrop-Rauxel gekommen. Daher kommt Kampmann zu dem Schluss: „Die Menschen fühlen sich in Nordrhein-Westfalen zunehmend unsicher. Da hilft es nicht, nur schöne Fotos und Schlagzeilen zu produzieren, sondern man muss auch im Kern etwas dagegen tun.“

Ganz aktuell macht die SPD ihre Kritik an Reul vor allem an drei Punkten fest. Erstens geht es darum, dass erneut extremistische Chatverläufe von Polizisten in Nordrhein-Westfalen bekannt geworden sind. Nach Medienberichten von Anfang August ermittelt die Staatsanwaltschaft Essen gegen mehrere Polizisten, die im Verdacht stehen, Nazi- Symbole und diskriminierende und menschenverachtende Inhalte in Chats verbreitet zu haben. Bei zwei der Beamten besteht zudem der Anfangsverdacht, dass sie im Besitz eines Videos sind, das Aufnahmen sexueller Gewalt gegen Kinder zeigen soll.

SPD verlangt Aufklärung

Kampmann bittet daher im Namen der SPD-Fraktion für die nächste Sitzung des Innenausschusses am Donnerstag, 17. August, um einen schriftlichen Bericht der Landesregierung zu diesem Thema. „Reul muss sich die Frage gefallen lassen, was er tatsächlich tut, um solchen Vorfällen auch präventiv zu begegnen“, sagt sie an die Adresse des Innenministers und fügt an: „Wird genug bei der Ausbildung der Polizei getan? Denn offensichtlich lassen solche Chatverläufe auch Zweifel an der Verfassungstreue aufkommen.“ Der Innenminister habe sich dagegen auch Forderungen nach Studien zum Thema Rassismus bislang komplett verwehrt.

Zweitens verlangt die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag Aufklärung zu einem öffentlich gewordenen Referentenentwurf, der vorsieht, die Altersgrenze bei der Feuerwehr anzuheben. „So etwas darf nicht passieren, vor allem wenn die entsprechenden Anhörungen noch nicht stattgefunden haben. Das hat in diesem Fall für viel Unruhe und auch Verunsicherung bei der Feuerwehr gesorgt“, kritisiert Kampmann. Die SPD lehne die beabsichtigte Anhebung der Altersgrenze entschieden ab. „Da darf es keine Änderung geben.“

Viel Unruhe und Kritik

Beim dritten Punkt geht es um die schleppende Nachbesetzung von Behördenleitungen in mehreren nordrhein-westfälischen Polizeipräsidien. So ist in Düsseldorf die Leitung des Polizeipräsidiums seit Februar 2023 vakant. Auch in Gelsenkirchen und Oberhausen werden zwei wichtige Polizeipräsidien seit sehr langen Zeiträumen lediglich kommissarisch geführt, was auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiere. „Das ist nur ein Ausschnitt dessen, was innenpolitisch gerade in Nordrhein-Westfalen falsch läuft“, sagt Kampmann.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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