Warum die SPD die Impfung für Kinder und Jugendliche unterstützt
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Erst die älteren und vulnerablen Menschen, später dann riskante Berufsgruppen und nun sollen auch nach und nach Jugendliche gegen das Corona-Virus geimpft werden – so entwickelt sich die Impfkampagne in Deutschland Schritt für Schritt. Seit einigen Wochen sind auch die mRNA-Impfstoffe von Biontech und Moderna für Jugendliche ab zwölf Jahren hierzulande zugelassen, doch die Ständige Impfkommission (Stiko) zögert noch mit einer allgemeinen Empfehlung. Nun preschen die Gesundheitsminister*innen der Länder, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowie weitere Spitzenpolitiker*innen voran. Doch für die unterschiedlichen Einschätzungen gibt es Gründe.
Impfung für Jugendliche: Das wurde beschlossen
Die Gesundheitsminister*innen haben sich am Montag darauf geeinigt, bereits allen Jugendlichen ab zwölf Jahren eine Corona-Schutzimpfung anzubieten. Begründet haben die Politiker*innen das zusätzliche Angebot vor allem mit der vierten Welle der Corona-Pandemie, die sich mit der Delta-Variante gerade trotz Masken und Abstandsregeln auch in Deutschland weiter aufbaut. Mit dem Ende der Sommerferien wird vor allem in Schulen mit weiteren Ausbrüchen gerechnet, dem soll die Schutzimpfung bei den Jüngeren entgegenwirken. Schulen sollen so – auch mit geimpften Lehrer*innen und Schnelltests – weitestgehend geöffnet bleiben können. Man gehe vorbereitet in den Herbst, hieß es nach der Gesundheitsminister*innenkonferenz.
Zuvor gab es lediglich eine Impfempfehlung für Jugendliche mit Vorerkrankungen oder Risiken wie Diabetes – mit dem erweiterten Angebot geht die Politik auch weiter als die Stiko. Voraussetzung für die Impfung sind ein Aufklärungsgespräch sowie die Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Geimpft werden soll sowohl in Impfzentren als auch in Hausarztpraxen. Auch mobile Impfteams sollen zum Einsatz kommen.
Was die Stiko dazu sagt
Die Stiko empfiehlt weiterhin, unter den Jugendlichen zunächst nur diejenigen mit Risiken und Vorerkrankungen zu impfen. Zu schwach sei die Datenlage zu Nebenwirkungen der Impfung unter Minderjährigen, zu selten gebe es schwere Verläufe bei einer Corona-Infektion. Als vor einigen Wochen als erster Impfstoff das Vakzin von Biontech für Jüngere zugelassen wurde, hatte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens außerdem noch darauf verwiesen, dass der Impfstoff vor allem zunächst älteren und vulnerableren Gruppen zur Verfügung stehen müsse.
Das ist inzwischen nicht mehr nötig – in Deutschland sind auch die für Jüngere zugelassenen mRNA-Impfstoff von Biontech und Moderna keine Mangelware mehr. Für die Vektorimpfstoffe von Astra-Zeneca sowie Johnson&Johnson gibt es dagegen bisher keine Zulassung für Minderjährige.
An der grundsätzlichen Entscheidung hält die Stiko aber dennoch weiterhin fest. Allerdings: Sie rät von der Impfung für Jüngere auch nicht generell ab, empfiehlt sie aber auch nicht explizit. Thomas Mertens ließ am Montag zwar durchblicken, dass die Stiko eine Überarbeitung dieser Empfehlung vorbereite, dieser Entscheidung wolle er aber nicht vorweg greifen.
Warum SPD-Politiker*innen die Impfung befürworten
Verschiedene Spitzenpolitiker*innen der SPD indes befürworteten das ausgeweitete Impfangebot. Er teile die Argumente der Stiko nicht, wiederholte Gesundheitsexperte Karl Lauterbach am Montag im Deutschlandfunk, obgleich er die Stiko als Gremium befürworte. Aus seiner Sicht sei eine Durchseuchung mit der Delta-Variante des Coronavirus wesentlich gefährlicher als eine Impfung Jugendlicher. Er erhoffe sich auch von der Stiko auch eine bessere Argumentation ihrer Position, sagte Lauterbach in dem Gespräch.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidente*innenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, sprach sich außerdem mit Blick auf das Ende der Sommerferien in den Ländern für eine zeitnahe Impfung der Schüler*innen aus. Im ARD-Morgenmagazin betonte Müller, er hoffe weiterhin auf eine Empfehlung der Stiko für eine solche Impfung. Ungeimpfte Schüler*innen müssten ja auch bei der Rückkehr aus dem Urlaub mit in Quarantäne, was aus Sicht des Sozialdemokraten für weitere Probleme sorge. Unterstützung für diese Position kommt auch von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke sowie der Vorsitzenden der Kultusminister*innenkonferenz Britta Ernst (beide SPD).
Realisiert werden könnten die Impfungen auch über mobile Impfteams an den Schulen, wie in einigen Bundesländern bereits überlegt wird. Dem schloss sich auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken an. Wären ihre Kinder noch minderjährig, würde sie sie auch impfen lassen, erklärte die dreifache Mutter im Gespräch mit dem RND. „Ich werbe dafür, Impfmobile an die Schulen zu schicken“, so Esken, um den Zugang – in Absprache mit den Eltern – für die Jugendlichen so einfach wie möglich zu machen.
Weiterhin wichtig bleibt außerdem aus Sicht von Bettina Martin, Bildungsministerin in Mecklenburg-Vorpommern (SPD), eine möglichst hohe Impfquote unter Eltern und Lehrkräften sowie eine gute Lüftung der Klassen.