Warum die SPD der Rente mit 68 eine klare Absage erteilt
Ute Grabowsky/photothek.net
Eines vorweg: So wie wissenschaftliche Analysen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können, gibt es auch unterschiedliche Meinungen, wie Politik gestaltet werden kann und sollte.
Rente mit 68 falscher Weg
Das trifft auch auf Prognosen für die Zukunft der Renten zu. Die jüngste, ein Gutachten des wissenschaftlichen Beirats des CDU-geführten Bundeswirtschaftsministeriums, fordert unter anderem die Rente mit 68. Mit Blick auf diese Studie erklärt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: „Weltuntergangsszenarien haben schon früher nicht gestimmt.“ Für Heil gibt es in der Politik immer eine Alternative, auch zum Anheben des Renteneintrittsalters.
Die Rente mit 68 sei der „falsche Weg“ stellt er klar, denn die Hauptlast dieser Forderung treffe die jungen Leute und nicht die Rentner*innen von heute, sagt er am Miitwoch in Berlin auf Nachfrage vor Pressevertreter*innen. Konkret bedeute dies, dass ein heute 17-Jähriger 51 Jahre lang ohne Abschläge in die Rente einzahlen müsse, so Heil. „Das hält man in einigen Berufen gar nicht durch.“
SPD setzt auf mehr Lohn und Beschäftigung
Während die FDP die private Altersvorsorge stark machen wolle und bei der CDU bisher kein konkretes Konzept erkennbar sei, setze die SPD darauf, dass die gesetzliche Rente „für alle Generationen verlässlich sein muss“, betont Heil. In den vergangenen Jahren habe es bereits eine Fülle von Entscheidungen gegeben, um der demografischen Herausforderung ab 2025 bis 2040 gerecht zu werden. Dann nämlich gehe mit den sogenannten Babyboomern eine starke Alterskohorte in Rente. Um die gesetzliche Rente leistungsfähig zu halten, müsse das Rentenniveau stabil bleiben, erklärt Heil.
Dabei setzt der Bundesarbeitsminister auf einen starken Arbeitsmarkt, denn „je mehr Menschen in den nächsten Jahren in Beschäftigung sind und je besser die Lohn- und Gehaltsentwicklung ist, desto stabiler ist auch die gesetzliche Rente“. Zudem habe er einen Vorschlag erarbeitet, auch die Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung mit einzubeziehen.
Es geht um die junge Generation
Seit Montag reißt die Debatte um eine Rente mit 68 nicht ab. Für SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ist der Vorschlag nicht nur falsch gerechnet, sondern auch unsozial, kritisiert Scholz auf Twitter und fügt hinzu: „Wer jetzt mit abstrakten theoretischen Debatten über einen späteren Rentenbeginn spricht, der spricht eigentlich von Renten-Kürzungen.“ Auf einer Tagung des SPD-Wirtschaftsforums erklärt er ebenfalls am Montag: „Ich stehe dafür, dass wir keine weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters diskutieren.“
Dass die schlichte Logik „Wir leben länger – also müssen wir auch länger arbeiten“ nicht stimme, erklärt der rentenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Ralf Kapschack im Interview mit dem vorwärts. Danach habe die Lebenserwartung auch etwas mit dem sozialen Status, beruflicher Belastung, ja sogar mit dem Wohnort zu tun, so Kapschack. Außerdem schafften es jetzt schon viele nicht, „bis zum regulären Renteneintrittsalter durchzuhalten. Eine weitere Erhöhung wäre ungerecht und würde für viele lebenslang deutlich Abschläge bei der Rente bedeuten.“
Ebenfalls im vorwärts-Interview spricht die SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe von einem möglichen Versuch seitens der CDU, die Diskussion dahin zu leiten, dass kapitalgedeckte Rentenpolitik notwendig sei und es keine Alternative zum Anheben des Renteneintrittsalters gebe. Dafür werde das „demografische Monster an die Wand gemalt und jede und jeder dazu aufgerufen, privat vorzusorgen. Beides, länger arbeiten und privat vorsorgen, können sich vielleicht Politiker*innen oder Professor*innen leisten, aber nicht unbedingt die Pflegekraft oder Handwerker*innen.“ Für Kiziltepe ist klar, dass „wir die gesetzliche Rente wieder stark machen müssen, gerade auch für die junge Generation, darum muss es gehen.“
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.