Inland

Warum die SPD auf Veränderungen in der Fleischindustrie drängt

Eigentlich sollte in der kommenden Woche das Gesetz von Hubertus Heil für mehr Arbeitsschutz in der Fleischbranche vom Bundestag beschlossen werden. Doch CDU/CSU haben es von der Tagesordnung genommen. Die SPD will weiter für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.
von Jonas Jordan · 7. Oktober 2020
Symboldbild: Die SPD will für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie sorgen.
Symboldbild: Die SPD will für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie sorgen.

Erst vor kurzem war wieder ein Schlachthof von einem Corona-Ausbruch betroffen. In Emstek im Nordwesten Niedersachsens haben sich mindestens 63 Mitarbeiter*innen mit dem Coronavirus infiziert. Zuvor hatte es im selben Bundesland bereits Fälle in Lohne (Landkreis Vechta) und Wildeshausen (Landkreis Oldenburg) gegeben. Die SPD plant daher, den Arbeitsschutz in der Fleischindustrie durch gesetzliche Regelungen zu verbessern. Das Arbeitsschutzkontrollgesetz soll in der „deutschen Fleischindustrie aufräumen“, sagte Katja Mast, als stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion zuständig für den Bereich Arbeit und Soziales.

Mast: „Die Branche muss sich ändern“

„Die Arbeits- und Wohnbedingungen in der Fleischindustrie sind unterirdisch. Die Branche muss sich ändern – keine Rückkehr zu business as usual“, forderte Mast auf Twitter. In dieser Woche gab es eine Anhörung zum geplantem Gesetzesentwurf von Bundesarbeitminister Hubertus Heil. Mast sagte anschließend: „Ich will Schluss machen mit den sehr undwürdigen Arbeits- und Wohnbedingungen in der deutschen Fleischindustrie.“ Das Gesetz sieht vor, den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer*innen durch häufigere Kontrollen und eine Mindest-Kontrolldichte zu verbessern. Die Kontrollen durch die Arbeitsschutzaufsicht in den Ländern sind seit 2007 immer weiter gesunken. Dieser Trend soll nun korrigiert und umgekehrt werden.

Beim Schlachten und der Verarbeitung von Fleisch dürfen nach dem Gesetzentwurf in einem Betrieb oder Produktionsstandort künftig nur noch Arbeitnehmer*innen des eigenen Unternehmens eingesetzt werden. Diese Regelungen gelten für Werkverträge ab dem 1. Januar 2021 und für Leiharbeit ab dem 1. April 2021. Davon ausgenommen sind lediglich Unternehmen des Fleischerhandwerks mit bis zu 49 Mitarbeiter*innen. Unterstützt wird die Initiative der SPD auch durch das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

So kritisiert Elke Ahlers vom WSI, dass in 85 Prozent aller überprüften Betriebe in der Fleischindustrie teils gravierende Verletzungen von Arbeitsschutzmaßnahmen festgestellt worden seien. Ahlers kritisiert zudem, dass sch die großen Fleischunternehmen wie Tönnies und Co. durch Werkverträge und Subunternehmen aus der Verantwortung stehlen würden, wogegen die SPD wie beschrieben vorgehen will.

Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten, kommentiert die sozialdemokratischen Pläne für die europäische Ebene: „Die Ausbeutung muss aufhören. Gut, dass die soziale Lage der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter endlich verbessert werden soll.“ Oft handele es sich um Wanderarbeiter*innen aus Ost- oder Südosteuropa. Daher sei auch die EU in der Pflicht für eine entsprechende Rechtslage zu sorgen. Geier unterstützt Heils Pläne zur Bekämpfung der Missstände auf europäischer Ebene. Die massenhafte Ausbreitung des Corona-Virus habe die mangelhaften Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen zurecht wieder einmal in die Schlagzeilen gebracht. 

EU-Kommission in der Pflicht

Geier sagt: „Im Europäischen Parlament arbeiten wir unter anderen mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus Polen oder Rumänien an besseren Vereinbarungen. Denn auf EU-Ebene muss dazu die Richtlinie zur Leiharbeit in mehreren Punkten verbessert werden.“ Für ihn ist klar: „Diese Menschen sind unsere Kolleginnen und Kollegen und keine Beschäftigten zweiter Klasse.“ Der SPD-Europaabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen nimmt daher auch die EU-Kommission in die Pflicht. Diese müsse Regeln vorschlagen, die Mindeststandards und menschenwürdige Arbeitsbedingungen vorschreiben.

Saison- und Leiharbeitnehmer*innen sollen entsandten Beschäftigten gleichgestellt werden, fordert Geier. Zudem sollen Unternehmen auf dem EU-Binnenmarkt einen Mindestlohn ebenso garantieren wie eine Mindeststundenzahl pro Woche oder im Monat. „Es darf keine Lohnabzüge für arbeitsbedingte Ausgaben geben. Unternehmen, die Beschäftigte menschenunwürdig rekrutieren und sie zur Ausbeutung durch Europa transportieren, müssen sanktioniert werden“, sagt Geier.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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