Warum die schwarz-grünen Träume in Bayern platzen könnten
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Nur noch 33 Prozent für die CSU in Bayern – so sieht es die jüngste ARD-Vorwahlumfrage. Das wären erdrutschartige Verluste von rund 15 Prozentpunkten gegenüber der letzten Landtagswahl. Und es wäre das Ende aller CSU-Träume von der absoluten Mehrheit, vermutlich auf unabsehbare Zeit. Ein beispielloser Absturz der Christsozialen, die im April noch auf 44 Prozent von den Demoskopen taxiert wurden.
Schwarz-Grün oder „Regenbogen-Bündnis“?
Viele Medien folgern aus dem demoskopischen Tiefstand der CSU von 33 Prozent kurz vor der Wahl, im neuen bayerischen Landtag könne es nur noch zwei Möglichkeiten der Regierungsbildung geben: entweder ein schwarz-grünes Bündnis oder ein „Regenbogen-Bündnis“ von Grünen, SPD, Freien Wählern und FDP. Doch diese Spekulationen könnten sich als voreilig und falsch erweisen, denn sie berücksichtigen nicht die Besonderheiten des bayerischen Wahlrechts.
Danach sind nämlich für die Sitzverteilung im Landtag Erst- und Zweistimme in gleichem Maße relevant. Beide Stimmen werden in Bayern zusammengerechnet und erst aus dieser Summe ergibt sich dann nach der Verhältniswahl die Sitzverteilung im Landtag.
Demoskopen fragen nur nach der Zweitstimme
Genau das ist für die Meinungsforschungsinstitute ein Problem. Die Demoskopen fragen nämlich – auch in Bayern – nur nach der Zweistimme. Ihre Standardfrage „Wen würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Wahl wäre?“, bezieht sich nur auf die Zweistimme. Die entscheidet zwar bei der Bundestagswahl allein über die Sitzverteilung, nicht jedoch in Bayern. Gerade im Freistaat hat die Erststimme eine große Bedeutung.
Denn in den bayerischen Stimmkreisen – so heißen hier die Wahlkreise – erhalten in der Regel die Kandidaten nur einer Partei die meisten Stimmen: der CSU. Sie sind dann direkt in den Landtag gewählt. Vor Ort bekannte und populäre Kandidaten dürften gute Chancen auf ein besseres Wahlergebnis mit der Erststimme haben, als die CSU mit der Zweitstimme, zumal von einem Amtsbonus des CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder kaum die Rede sein kann, von CSU-Parteichef Horst Seehofer ganz zu schweigen. Das Gesamtergebnis der Christsozialen dürfte daher oberhalb ihres Zweitstimmenanteils liegen.
CSU könnte mit guten Kandidaten punkten
Je größer nun der Abstand zwischen Erst- und Zweitstimmenergebnis der CSU ausfällt, umso weniger aussagefähig sind die aktuellen Umfragen, die sich allein auf die Zweitstimme beziehen. Punktet die CSU am 14. Oktober mit ihren Landtagskandidaten bei der Erststimme, gäbe es bei den Mandaten – anders als in der ARD-Vorwahlumfrage – keine Mehrheit für Grüne, SPD, Freie Wählern und FDP.
Die CSU hätte dann auch die Chance, eine Zweier-Koalition nicht mehr nur mit den Grünen zu bilden, sondern auch mit der SPD oder den Freien Wählern. Das würde die Verhandlungsposition der Grünen schwächen, die der CSU aber stärken. Die Grünen wären also gut beraten, mit dem Knallen der Sektkorken noch etwas zu warten.
Amtliches Endergebnis erst zwei Tage später
A propos Warten: Vor voreiligen Schlussfolgerungen aus den Umfragen sollte man sich ohnehin hüten, ganz besonders aber in Bayern. Das bayerische Wahlrecht ist nämlich so kompliziert, dass selbst in der Nacht des Wahlsonntags noch keine endgültige Klarheit über die Mandatsverteilung herrschen dürfte. Das vorläufige amtliche Endergebnis soll sogar erst zwei Tage später, am Dienstag, bekannt gegeben werden.