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Warum der Ex-AfD-Abgeordnete Jens Maier nicht mehr Richter sein kann

Jens Maier war AfD-Abgeordneter und wollte wieder als Richter arbeiten. Stattdessen wurde er in den Ruhestand versetzt. Der Bundesgerichtshof sagt jetzt: zurecht. Und Maier droht weiteres Ungemach.
von Christian Rath · 5. Oktober 2023
Bezeichnete NS-Aufarbeitung als einen „Schuldkult“, der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Richter Jens Maier
Bezeichnete NS-Aufarbeitung als einen „Schuldkult“, der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Richter Jens Maier

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Versetzung des AfD-Richters Jens Maier in den Ruhestand bestätigt. Wenn der Ex-AfD-Abgeordnete wieder als Richter arbeiten würde, wäre das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit der Justiz beeinträchtigt, entschied das Dienstgericht des Bundes beim BGH an diesem Donnerstag.

Schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege

Der inzwischen 61-jährige Jurist Jens Maier, arbeitete seit 1992 für die sächsische Justiz. 2017 wurde er für die AfD in den Bundestag gewählt. Doch bei der nächsten Wahl verpasste er knapp den Wiedereinzug ins Parlament und wollte deshalb wieder als Richter arbeiten.

Die sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) versuchte, das zu verhindern und beantragte eine Versetzung von Richter Maier in den Ruhestand. Sie müsse eine „schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege“ abwehren. Jens Maier konnte Mitte März 2022 noch zehn Tage am Amtsgericht Dippoldiswalde arbeiten, dann untersagte ihm das Richterdienstgericht Leipzig die Dienstgeschäfte. Im Dezember 2022 versetzte das gleiche Gericht Maier – wie von der Ministerin beantragt – in den Ruhestand.

Das Dienstgericht des Bundes lehnte nun nicht nur die Revision von Maier ab. Es bestätigte auch ausdrücklich den von der sächsischen Justizministerin gewählten Weg einer präventiven Pensionierung. Die zugrundeliegende Norm – Paragraf 31 im Deutschen Richtergesetz – war bisher nur selten genutzt worden, etwa bei Richtern mit Kontakten in die Organisierte Kriminalität.

Für die freiheitliche demokratische Grundordnung

Laut BGH muss ein Richter „jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes“ eintreten, erklärte jetzt Rüdiger Pamp, der Vorsitzende Richter des Dienstgerichts. Diese Formel wurde auch schon bei den Berufsverboten gegen Extremisten in den 1970er-Jahren benutzt.

Eine präventive Versetzung in den Ruhestand hält der BGH bei Jens Maier für gerechtfertigt, weil er sächsischer Obmann beim AfD-Flügel war, den der Verfassungsschutz bis zu seiner formalen Auflösung als „gesichert rechtsextremistische Strömung“ einstufte.

Gegen die Erwartung, Maier werde künftig sein Amt unabhängig und vorurteilsfrei ausüben, spricht laut BGH auch ein Tweet, der 2019 von Maiers Twitter-Account veröffentlicht wurde: „Wenn Angeklagte 'AfD-Richter' fürchten, haben wir alles richtig gemacht.“ Auch wenn Maier behaupte, der Tweet stamme von einem Mitabeiter, habe er sich nicht davon distanziert.

NS-Aufarbeitung kein „Schuldkult“

Maier sei nicht Opfer einer „künstlich erzeugten Empörung“ geworden, so BGH-Richter Pamp, sondern habe sie mit seinen Äußerungen selbst erzeugt, etwa indem er die NS-Aufarbeitung als einen „Schuldkult“ bezeichnete, mit dem endlich Schluss sein müsse.

Maier nahm an der Verhandlung in Karlsruhe persönlich teil und ergriff auch das Wort. Er beklagte sich, dass er „verteufelt“ werde. Als Gefahr für das Ansehen der sächsischen Justiz sehe er sich keinesfalls. „In Dippoldiswalde wählen 35 Prozent der Leute AfD. Wenn ich dort rede, vertrete ich Volkes Meinung.“

Die Versetzung Maiers in den Ruhestand ist keine Strafe und keine Disziplinarmaßnahme für vergangene Verfehlungen, sondern eine präventive Maßnahme zum Schutz der Justiz. Maier bekommt daher weiterhin sein Ruhestandsgehalt von einigen Tausend Euro pro Monat. Das aber soll nicht so bleiben. Justizministerin Katja Meier hat Ende Juli zusätzlich noch ein Disziplinarverfahren gegen Jens Maier eingeleitet, mit dem Ziel, ihn ganz aus dem Richteramt zu entfernen. Wann das Richterdienstgericht in Leipzig darüber entscheidet, ist noch offen.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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