Inland

Warum Carsten Schneider einen neuen Blick auf Ostdeutschland will

In der kommenden Woche will der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, seinen ersten Bericht vorlegen. Bei der Friedrich-Ebert-Stiftung gab er am Donnerstag bereits erste Einblicke.
von Kai Doering · 22. September 2022
Ostbeauftragter Carsten Schneider: „Ich werden niemandem Honig ums Maul schmieren.“
Ostbeauftragter Carsten Schneider: „Ich werden niemandem Honig ums Maul schmieren.“

Er habe sich „vorgenommen, ein realistisches Bild von Ostdeutschland zu zeichnen“, sagt Carsten Schneider am Donnerstag in der „Alten Münze“ in Berlin-Mitte. Über 80 Jahre wurden hier Geldmünzen für verschiedene Währungen geprägt. Lange Zeit war hier die einzige Münzprägestätte der DDR. Heute ist hier ein Veranstaltungszentrum untergebracht. Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hat zur Tagung „Zukunfts(t)räume“ eingeladen. Es geht um Ostdeutschland 33 Jahre nach dem Mauerfall.

Die Selbstermächtigung der Ostdeutschen

In der kommenden Woche wird Carsten Schneider seinen ersten Bericht als Ostbeauftragter vorstellen. Der Titel soll dabei Programm sein: „Ostdeutschland: ein neuer Blick“. Der Bericht werde „ungeschönt“ sein, kündigt Schneider in der Alten Münze an. „Ich werden niemandem Honig ums Maul schmieren.“ 16 Autor*innen haben den Bericht geschrieben, aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln, zu ganz verschiedenen Aspekten. „Wir haben es mit einer Selbstermächtigung der Ostdeutschen zu tun“, sagt Schneider. Auch die werde sich in dem Bericht widerspiegeln.

Um die Frage „Wann sind wir endlich gleich?“ werde es dabei nicht gehen, betont Schneider. „Das will ich gar nicht.“ Entscheidend sei, dass sich die Menschen aus Ost und West aufeinander einließen. Der Rahmen dafür ist jedoch nicht einfacher geworden. Die steigenden Energiepreise träfen die Menschen in Ostdeutschland besonders stark, weil hier viele keinerlei Rücklagen hätten. Nach Flüchtlings- und Corona-Krise sehnten sich die Menschen nach Ruhe. „Es gibt aber keine Ruhe“, so Schneider.

Auf die Stärken schauen

Im Gespräch weist Barbara Ludwig, langjährige Oberbürgermeisterin von Chemnitz, dann aber noch auf eine typisch ostdeutsche Eigenschaft hin: „Die Menschen haben hier die Erfahrung gemacht, dass man auf die Straße geht und sich etwas ändert“, erinnert Ludwig an die Friedliche Revolution im Herbst 1989. Das präge der Bewusstsein vieler Ostdeutscher bis heute. „Das Ostdeutsche“ gebe es heute aber nicht mehr. „Es ist inzwischen Teil der bundesdeutschen Identität“, ist Ludwig überzeugt.

Überhaupt dieses Trennende: Marina Heimann, Geschäftsführerin der Innovationsplattform „futureSAX“ aus Sachsen, plädiert dafür, sich in der Diskussion weniger auf das zu konzentrieren, was schlecht läuft, und mehr auf das, was gut ist. „Wir müssen auf unsre Stärken schauen“, sagt Heimann. „Dann ist es egal, ob wir aus dem Osten, Westen, Norden oder Süden kommen.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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