Warum Berlin die kostenfreie Kita eingeführt hat
Seit 2006 arbeitet die Berliner SPD daran, eine vollständig kostenfreie und exzellente Bildung von der Kita bis zur Universität in der Hauptstadt zu schaffen. Damals versprach der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit – zum Erschrecken einiger Finanzpolitiker der zu jener Zeit tief in den Schulden steckenden Stadt – dass er die Kita ab dem dritten Lebensjahr kostenfrei machen wollte. Er setzte sich durch und das „arme“ Berlin schaffte etwas, das keinem anderen Bundesland gelang: Bildung wurde kostenfrei und die Neuverschuldung der Stadt trotzdem gesenkt.
Die fatale Logik der Ur-Enkel Wily Brandts
Wowereits Machtwort von damals war aber nicht der Anfang, sondern das Ende einer programmatischen Diskussion darüber, was sozialdemokratische Bildungspolitik leisten muss. Innerhalb der gesamten SPD wurden damals von Teilen der Partei immer wieder Studiengebühren für die Universitäten ins Gespräch gebracht. Sigmar Gabriel führte sie als Ministerpräsident in Niedersachsen sogar ein. Die Argumentation der Befürworterinnen und Befürworter von Studiengebühren innerhalb der SPD war damals, dass der Arbeiter mit seinen Steuern die Ausbildung von später hochbezahlten Akademikern bezahlen würden.
Das war eine fatale Logik: Willy Brandt hatte die Arbeiterkinder an die Universitäten gebracht, seine Ur-Enkel spielten jetzt mit dem Gedanken, die Mittelschicht und die Unterschicht gegen einander auszuspielen. Sozialdemokratische Bildungspolitik hätte damit ihre Seele verloren. Die Idee des sozialen Aufstiegs durch Bildung wäre durch die hässliche Wirklichkeit in ihr Gegenteil verkehrt worden: Hochverschuldeten Studienabgängern in einem Arbeitsmarkt ohne feste Jobs.
Grüne und Linke machten gegen die Gebührenfreiheit mobil
Auch die These von damals, dass kostenfreie Bildung weniger Qualität bieten würde, hat sich in Berlin nicht bestätigt. Die Stadt hat heute zwei Exzellenz-Universitäten und ist nach wie vor einer der gefragtesten Studienstandorte Europas. Und das nicht nur, weil die Studierenden angeblich nur wegen der guten Partys nach Berlin kommen. Sondern weil wir schlicht in jedem Landes-Haushalt mehr Geld für Bildung investiert haben, während wir bei allem anderen umso mehr kürzen mussten. Wir haben Schwerpunkte gesetzt – und durchgekämpft.
Seit drei Jahren habe ich nun gefordert, dass auch die Krippenjahre der Kinder im Alter von Null bis Drei kostenfrei sein müssen. Und interessanterweise bekam ich es fast mit denselben neoliberalen Argumentationsmustern der 90er-Jahre zu tun, die es beim Kampf gegen Studiengebühren und für die gebührenfreien Kitajahre für Über-Dreijährige gegeben hatte. Diesmal waren es ironischerweise Grüne und Linke, die gegen meinen Plan mobil machten: Die Verbesserung der Betreuungsschlüssel in der Kita sei wichtiger. Und Gebühren würden sowieso nur die „Besserverdiener“ zahlen. Mit den Fakten hatten diese Argumente nichts zu tun.
Die beste Bildung – kostenfrei von Anfang an
Denn natürlich wird Berlin beides machen: Wir werden den Betreuungsschlüssel in den Krippen absenken. Und wir schaffen gleichzeitig die Kitagebühren ab Null Jahren ab. Diese werden nämlich nicht nur von „Besserverdienern“ gezahlt: Wenn zwei Eltern Mindestlohn verdienen, zahlen sie in Berlin 105 Euro Kitagebühren. Und die Abschaffung der Krippengebühren macht einen Einnahmeverlust im Haushalt von 0,16 Prozent aus. Wer da meint, das sei nicht finanzierbar, der hat von gestaltender, sozialdemokratischer Finanzpolitik nichts verstanden. Unser Ziel als Berliner Sozialdemokraten bleibt bestehen: Wir wollen die beste Bildung – kostenfrei von Anfang.
Aus meiner Sicht nimmt Berlin damit eine Vorbildrolle für ganz Deutschland ein, weil wir zeigen, dass sozialdemokratische Landespolitik einen Unterschied gegenüber konservativer Politik ausmacht. Es wäre gut, wenn bundesweit die kostenfreie Bildung zum Leitbild der SPD-Bildungspolitik würde. Für den sozialen Aufstieg.