Inland

Wahlkampf in Schleswig-Holstein: Mit Martin Schulz in die Schlusskurve

Am 7. Mai wird in Schleswig-Holstein ein neuer Landtag gewählt. Die SPD kämpft dafür, stärkste Kraft zu werden und die „Küstenkoalition“ mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW), fortzusetzen. Mittendrin: Kanzlerkandidat Martin Schulz
von Susanne Dohrn · 4. Mai 2017
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Viele Frauen tragen eine rote Rose in den Händen, manche haben rote Buttons mit dem Bild von Martin Schulz angesteckt, die Sonne scheint, endlich, in diesem ansonsten wenig frühlingshaften Wahlkampf in Schleswig-Holstein. Einer seiner häufigsten Sätze sei gewesen, „gibt mir mal meinen Mantel“, sagt SPD-Ministerpräsident und Spitzenkandidat Torsten Albig in der gut gefüllten Stadthalle in Neumünster. Die Anwesenden lachen. Anfang Mai ist man auch im hohen Norden Deutschlands eigentlich nicht mehr im Wintermantel unterwegs.

Entscheidung in der Wahlkabine

In Neumünster geht der Landtags-Wahlkampf in die Schlussrunde. Hier fand 1946 nach dem Zweiten Weltkrieg der erste offizielle Bezirksparteitag der wiedergegründeten SPD Schleswig-Holstein statt. Seit fünf Jahren regieren SPD, SSW und Grüne das Land mit einer Stimme Mehrheit, und auch diesmal scheint ein knapper Wahlausgang bevor zu stehen.

Deshalb wird bis zum letzten Meter gekämpft: Neumünster, Husum, Kiel und Lübeck sind die Stationen, auf denen Kanzlerkandidat Martin Schulz bis zum Wahltag mit Ministerpräsident Torsten Albig und dem Partei- und Fraktionsvorsitzenden Ralf Stegner für die SPD wirbt. Alle wissen: Wahlen entscheiden sich zunehmend auf den letzten Metern. „Noch sind 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler unentschieden, viele entscheiden erst am Wahltag oder in der Kabine, welche Partei sie wählen“, so Schulz. Einen Effekt gibt aber schon jetzt. Seit die SPD Martin Schulz als Kanzlerkandidaten nominiert hat, sind in Schleswig-Holstein mehr als 700 Menschen in die SPD eingetreten.

Rote Rosen und ein Wahlziel

„Wir verteilen die Rosen, weil sie rot sind und weil sie ein Signal sind: Wir sind da. Wir denken an euch. Hinter dieser roten Farbe stehen 154 Jahre Tradition, die niemals ihre großen Ziele verraten hat“, sagt Spitzenkandidat Torsten Albig. Seine Ziele für den Sonntag fasst er so zusammen: „Wir wollen vor den Schwarzen liegen und die Linken und die Rechten draußen halten.“ Mit einer hohen Wahlbeteiligung könne das gelingen. Albig verweist auf die fünf guten Jahre seiner Landesregierung: Niedrigste Arbeitslosigkeit seit 1993, die erste Regierung seit 1969, die einen Überschusshaushalt vorlegt, 26.000 zusätzliche Jobs allein seit dem Vorjahr und der höchste Mindestlohn (9,99 Euro) in Deutschland. Ralf Stegner fasst es so zusammen: „Sozial ist, was gute Arbeit schafft.“

Eine wichtige Rolle im Wahlkampf spielt das Thema Bildung, auch vor dem Hintergrund, dass die CDU das Abitur nach acht Jahren an Gymnasien wieder abschaffen will. Die SPD hingegen setzt auf Schulfrieden. G8 an Gymnasien und G9 an Gemeinschaftsschulen, so soll es bleiben, damit die Schulen ihre Energie in guten Unterricht und nicht in weitere Strukturreformen stecken müssen. Das längerfristige Ziel der SPD ist, so Stegner: „Gebührenfreiheit von der Geburt bis zum Meisterbrief.“

Humanität als Leitbild

Aus der Wortwahl „Meisterbrief“ spricht die Wertschätzung für die, die „den Laden zusammenhalten“, wie Martin Schulz es nennt. „Handwerker, Altenpfleger, Polizisten oder Busfahrer, die die Verantwortung für 80 Fahrgäste tragen, verdienen genauso viel Respekt wie ein Chirurg“, betonte der Spitzenpolitiker, der selbst keine akademische Ausbildung genossen hat. Hinzu komme: „Wer in Ausbildung investiert, investiert in die Zukunft unseres Landes und unserer Wirtschaft.“ Mit einem Seitenhieb auf die fremdenfeindliche AfD lobt Schulz die humanitäre Flüchtlingspolitik in Schleswig-Holstein. Die Landesregierung habe die willkommen geheißen, die Heimat, Zuflucht und Hilfe suchten. Schulz: „Im Grundgesetz steht nicht, die Würde der Deutschen ist unantastbar, sondern die Würde des Menschen ist unantastbar.“

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Susanne Dohrn

ist freie Autorin und ehemalige Chefredakteurin des vorwärts.

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