Inland

Wahlkampf: Die verlogene Inszenierung der Angela Merkel

Nichts zur Steuerreform, nichts zur Zukunft der Rente – was im Programm von CDU/CSU vor allem fehlt, sind konkrete Aussagen. Während sich Angela Merkel beim G20-Gipfel inszeniert, schreckt ihre Jugendorganisation vor Lügen-Kampagnen nicht zurück. So verhöhnt man die Demokratie, sagt Markus Engels.
von Markus Engels · 14. Juli 2017
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Es ist schon bemerkenswert. Erst signalisieren CDU/CSU geradezu schamlos offen der erstaunten Öffentlichkeit, dass sie mit ihrem sogenannten „Programm“ keine konkreten Aussagen für die kommende Legislaturperiode machen wollen. Weder über eine Steuerreform noch zur Zukunft der Rente, geschweige denn dazu, wie sie ihre gigantischen Aufrüstungspläne in der Größenordnung von 30 Milliarden zusätzlichen Euro jährlich finanzieren wollen. Stattdessen spielen sie nun das bekannte Spiel „Wer bin ich und wie viele?"

„Nein“ zur Ehe für alle

Los ging es mit der „Ehe für alle“. Angela Merkel tat so, als öffnete sie die Debatte, indem sie rührselige Geschichten über lesbische Paare aus ihrem Wahlkreis erzählte und gleichzeitig stimmten sie und die Mehrheit der Konservativen gegen das Gesetz, das die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ermöglichte.

Weiter ging es bei der CSU-Klausur: Dass sich CDU und CSU nicht das Schwarze unter dem Fingernagel gönnen, hat sich inzwischen herumgesprochen, spätestens seit Horst Seehofer Angela Merkel auf dem CSU-Parteitag öffentlich gedemütigt hat. Doch bei der CSU-Klausur stehen die konservativen Granden selig lächelnd nebeneinander und führen eine bigotte Inszenierung auf, die den Baron Münchhausen wie einen ehrlichen Makler aussehen ließe.

Hübsche Bilder für den Wahlkampf

Und nun das Meisterstück: Nachdem Merkel persönlich für den G20-Gipfel in Hamburg geworben hat, um hübsche Bilder für den Wahlkampf zu produzieren, zieht die Union nun eine atemberaubende Debatte über vermeintliche sicherheitspolitische Verfehlungen von Sozialdemokraten und Grünen hoch, die seit Tagen die Medienlandschaft beschäftigt. All das, nachdem sich ihr Innenminister de Maiziere kurz vor dem Gipfel bei der „Abnahme“ des Sicherheitskonzepts noch inszenieren ließ und Merkels Sprecher kopierte Listen von Journalisten verteilte, die nicht zum Gipfel akkreditiert werden sollten.

Und erneut wird mit verteilten Rollen gespielt: Peter Altmaier darf vermeintlich konziliant gegen den Rücktritt von Olaf Scholz sprechen, den die CDU in Hamburg gleichzeitig fordert. Und die zweite und dritte Reihe der Union unterstellt kontinuierlich und subkutan allen Sozialdemokraten ein Defizit im Bereich Sicherheitspolitik. Infam! Dass die zuständigen Minister für öffentliche Sicherheit – de Maiziere und von der Leyen – seit Monaten eine nicht nur peinliche, sondern für unser Land gefährliche Pannenserie hinlegen, wie sie Deutschland seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat, wollen sie so vergessen machen.

Wie Demokratie Schaden nimmt

Aktiv geboten werden dagegen Bilder von Merkel mit Panda-Bären und man kann schon aufgeregt darauf warten, wann das nächste Kochrezept aus dem Haus der Bundeskanzlerin unser Herz rühren soll. Das alles mag man Wahlkampf nennen, ich nenne es bigott: Mit einer solchen Inszenierung, die auch vor Lügen nicht zurückschreckt – siehe die Kampagne der Jungen Union gegen Martin Schulz ­– werden nicht nur die Leute versucht, für dumm zu verkaufen. Schlimmer noch: Damit verhöhnen die Konservativen unsere Demokratie.

 

Autor*in
Markus Engels

ist technischer Wahlkampfleiter der SPD.

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