Inland

Wahlanalyse Hamburg: Klingbeil weist Vorwurf der „Schmutzkampagne“ zurück

Die SPD freut sich am Tag nach der Hamburgwahl über einen deutlichen Wahlsieg. Die herben Verluste der CDU verleiten die Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer zu einem Angriff auf Generalsekretär Lars Klingbeil. Der nimmt den Vorwurf der „Schmutzkampagne“ gelassen.
von Benedikt Dittrich · 24. Februar 2020
Jubel in Berlin nach Wahlerfolg in Hamburg: Die Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentescher (Mitte)
Jubel in Berlin nach Wahlerfolg in Hamburg: Die Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentescher (Mitte)

Nach den Wahlen in Hamburg bewerten auch die Parteispitzen in Berlin das Ergebnis. Ein üblicher Vorgang, in dem nach Gründen für Erfolge und Misserfolge gesucht wird, Wahlsieger*innen gratuliert wird, Niederlagen zähneknirschend hingenommen werden. Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer nutzte den Tag nach der Hamburgwahl aber auch für einen Angriff auf den Generalsekretär der SPD, Lars Klingbeil. Die Aussagen des Generalsekretärs zum Verhältnis zwischen AfD und CDU wertete sie als eine „Diffamierungs- und Schmutzkampagne“ und forderte namentlich Klingbeil auf, entweder die „Angriffe einzustellen“ oder seiner Partei den Austritt aus der großen Koalition im Bund zu empfehlen.

Es gäbe keine Zusammenarbeit mit der AfD, sagte Kramp-Karrenbauer weiter auf der Pressekonferenz der CDU am Montagmittag mit Verweis auf den Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei, der eine Zusammenarbeit mit AfD einerseits und Linkspartei anderseits ausschließt. Dennoch war Anfang Februar in Thüringen ein Ministerpräsident der FDP mit den Stimmen von CDU und AfD gewählt worden – womöglich nach vorheriger Absprache. Ein Vorgang, der massive Kritik von der SPD, auch von Klingbeil, nach sich zog, immer wieder war auch in diversen Medien von einem Damm- oder Tabubruch die Rede.

Klingbeil: „Frage wird sich immer wieder stellen“

Eine Kritik, die Klingbeil auch nach den Äußerungen der CDU-Vorsitzenden am Montag nicht revidierte. „Ich habe mich damals eigentlich gefragt, ob ich nicht noch lauter hätte sein müssen", sagte er gegenüber Journalisten wenige Minuten nach der Pressekonferenz der CDU. Die gemeinsame Wahl des FDP-Kandidaten in Thüringen sei ein Tabubruch gewesen. „Die CDU hat da eine Tür aufgemacht, die sie dringend wieder schließen muss“, so Klingbeil weiter.

Er habe zwar keinen Zweifel daran, dass die CDU-Vorsitzende und auch ihr Generalsekretär entschlossen seien, dies zu tun. „Aber die Frage wird sich immer wieder stellen“, meinte der Sozialdemokrat mit Verweis auf eine mögliche Zusammenarbeit konservativer Kräfte mit der AfD. „Die CDU muss die Glaubwürdigkeit wiederherstellen", ergänzte Klingbeil in Richtung der Christdemokrat*innen. Wenn es der CDU gelänge, diese Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, dann habe er nichts mehr zu kommentieren. Aber immer dann, wenn es Hinweise auf eine Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD gebe, werde er auch künftig darauf hinweisen.

Die klare Haltung der SPD, auch im Bund, gegen rechts, interpretierte der Generalsekretär dann auch als eine der Gründe, weshalb beinahe 40 Prozent der Wähler*innen in Hamburg ihr Kreuz bei der SPD machten. Die Hamburger Sozialdemokrat*innen mussten zwar Verluste von über sieben Prozent hinnehmen, konnte aber am Ende die Grünen klar auf Distanz halten. „Jeder wusste wofür die SPD steht", meinte Klingbeil nach der Sitzung des SPD-Präsidiums, deswegen habe die Partei im Schlussspurt den Kopf klar vorne gehabt.

Die Liberalen haben nach aktuellem Stand den Einzug ins Parlament knapp verpasst, auch die CDU musste herbe Verluste hinnehmen, was nach Ansicht des Generalsekretärs auf die Regierungskrise in Thüringen und die unklare Haltung von FDP und CDU in Erfurt zurückzuführen ist. Dass die AfD ebenfalls verloren hat in der Hansestadt, sieht Klingbeil in dem rechtsextremen Angriff in Hanau begründet, von denen sich die AfD zu distanzieren versuche.

Tschentscher: „SPD ist eine richtig starke Gruppe“

Wahlsieger Peter Tschentscher hatte sich schon vor der Sitzung des Parteipräsidiums für die Unterstützung aus Berlin bedankt. „Die SPD ist eine richtig starke Gruppe“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister, eingerahmt von den beiden Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Die Wahl habe gezeigt, dass es trotz der zu Recht geführten Klimaschutz-Debatte in der Hansestadt eben noch auf andere Themen wie Bildung, Wohnungsbau und Wirtschaftspolitik ankam. Die SPD könne den Klimaschutz verbinden mit sozialem Ausgleich, so Tschentscher weiter. Er wolle den erfolgreichen Kurs der SPD „in der großartigsten Stadt der Welt“ fortführen, „mindestens für die nächsten fünf Jahre".

Saskia Esken zeigte sich begeistert von dem Wahlerfolg, der großartige Wahlkampf und die gute Politik der vergangenen Jahre sei von einem guten Wahlergebnis honoriert worden. Dem fügte ihr Co-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans noch hinzu: „Das war eine goldrichtige Entscheidung der Wählerinnen und Wähler in Hamburg.“ Mit Verweis auf den Wahlkampfslogan der Hamburger Sozialdemokrat*innen, „Die ganze Stadt im Blick“, sagte er: „Für Berlin muss jetzt gelten: Das ganze Land im Blick.“

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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