Wahlanalyse: Deshalb siegte die SPD bei der Bundestagswahl 2021
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Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die SPD legte bei der Bundestagswahl 2021 um 5,2 Prozent bei den Zweitstimmen zu und erreichte mit 25,7 Prozent Platz eins. Die Union dagegen stürzte um 8,7 Prozent ab auf 24,1 Prozent, den schlechtesten Wert ihrer Geschichte. In Mandaten bedeutet das: Die SPD gewann 53 Sitze im Bundestag und kommt jetzt auf 206 Sitze. Die Union verlor 50 Mandate und hat nur noch 196 Fraktionsmitglieder. Doch was genau bewirkte diese dramatische Kräfteverschiebung?
Laut der Analyse von Infratest-dimap erreichte die SPD ihre Stimmenzuwächse vor allem durch Gewinne von früheren Wählern der Union und der Linken sowie durch die Mobilisierung bisheriger Nichtwähler. Im Detail bedeutet dies: Die SPD nahm der Union über 1,5 Millionen Stimmen ab, der Linken über 640.000, von bisherigen Nichtwähler*innen kamen 520.000 Stimmen. Der AfD nahm sie 260.000 und der FDP 180.000 Stimmen ab. An die Grünen dagegen verlor die SPD 260.000 Stimmen. In absoluten Zahlen erhielt die SPD knapp 11,8 Millionen Zweitstimmen, das sind über 2,2 Millionen Stimmen mehr als 2017.
SPD-Gewinne in allen Bundesländern
In allen Bundesländern Deutschlands gewann die SPD Stimmen. Die stärksten Zuwächse erzielte sie in Ostdeutschland mit einem Plus von 9,9 Prozent. In Mecklenburg-Vorpommern, wo zeitgleich ein neuer Landtag gewählt wurde, erreichte die SPD mit 14,0 Prozent das größte Stimmenplus aller Bundesländer. Der Zuwachs in den alten Bundesländern war mit 4,2 Prozent deutlich moderater. Allerdings: Die SPD schnitt in Westdeutschland mit 26,1 Prozent erneut besser ab als im Osten mit 24,2 Prozent. Die innerdeutschen Unterschiede sind mit dieser Wahl aber kleiner geworden.
In fast allen Bevölkerungsgruppen konnte die SPD zulegen. Sehr groß fielen ihre Zugewinne bei Älteren aus und hier besonders bei den Frauen. Bei den Älteren war die Partei auch überdurchschnittlich erfolgreich. Von den über 60-jährigen wählten 34 Prozent die SPD. Bei Wähler*innen mit formal niedriger Bildung war die Partei mit 33 Prozent vergleichsweise stark. Bei den Rentner*innen erhielt sie 35 Prozent Zustimmung. Weniger groß fiel die Unterstützung für die SPD bei jüngeren Wähler*innen, Beamt*innen und Selbständigen aus. Bei den unter 35-Jährigen verlor sie sogar gegen den Trend im Vergleich zur letzten Wahl und erreichte nur eine Zustimmung von 15 Prozent.
Kanzlerkandidat und Inhalte entscheidend
Eine wichtige Rolle für den Sieg der SPD spielte das hohe Ansehen ihres Spitzenkandidaten. Von allen drei Kanzlerkandidat*inneen hatte Olaf Scholz die größte Zugkraft: 36 Prozent der SPD-Wähler*innen gab an, sich wegen der Person des Spitzenkandidaten für die Partei entschieden zu haben, deutlich mehr als vor vier Jahren. Gut vierzig Prozent der SPD-Wähler*innen entschieden sich vor allem wegen der Sachlösungen für die SPD, und damit deutlich weniger als 2017. Der Anteil derjenigen, für die die eigene Parteibindung das zentrale Motiv der Parteientscheidung war, sank auf 15 Prozent. 60 Prozent gaben an, sich aus Überzeugung für die SPD entschieden zu haben.
37 Prozent aller Wähler*innen wollten einen politischen Wechsel im Bund zugunsten der SPD. Bei den Wähler*innen der SPD fand dabei ein rot-grünes Bündnis mit 57 Prozent die größte Unterstützung, gefolgt von Rot-Grün-Gelb, der so genannten Ampel, mit 38 Prozent, und Rot-Grün-Rot mit 29 Prozent.