Wahl in Sachsen-Anhalt: CDU klar vor AfD, Verluste für die SPD
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Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt liegt die CDU deutlich vor der AfD. Die SPD kommt mit Verlusten weiterhin auf den vierten Platz, nach den Linken und vor den Grünen und der FDP.
Die CDU erreicht nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis 37,1 Prozent, die AfD 20,8 Prozent. Die Linke kommt auf 11,0 Prozent, die SPD auf 8,4 Prozent. Die FDP erreicht 6,4 Prozent, die Grünen 5,9 Prozent.
Walter-Borjans: Demokratie hat gegen AfD gewonnen
SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans bewertet am Sonntagabend im Willy-Brandt-Haus das Wahlergebnis als Sieg von Ministerpräsident Reiner Haseloff. Das Ergebnis sei für die meisten Parteien auf Bundesebene „weder Rücken- noch Gegenwind“. Walter-Borjans dankt der SPD und ihrer Spitzenkandidatin Katja Pähle für den sehr engagierten Wahlkampf. Dieser sei durch die starke Polarisierung zwischen CDU und AfD überlagert worden, „so dass die anderen demokratischen Parteien deutliche Schwierigkeiten hatten, auf sich aufmerksam zu machen“.
Die klare Absage Haseloffs an eine Zusammenarbeit mit der AfD müsse nun auch „in die Tat umgesetzt“ werden, so der SPD-Chef. „Wir wissen, dass die CDU in Sachsen-Anhalt alles andere als Gefolgsmenschen von Rainer Haseloff in den letzten Monaten und Jahren“ gewesen sei. Es müsse jetzt „eine demokratische Regierung“ in Magdeburg geben, denn: „Die demokratischen Kräfte haben insgesamt gewonnen, die AfD hat verloren, das ist ein ganz wichtiges Signal.“
Esken: Union soll Demokratiefördergesetz zustimmen
SPD-Chefin Saskia Esken spricht am Wahlabend im Willy-Brandt-Haus ebenfalls vom klaren Wählerauftrag an Reiner Haseloff, „eine demokratische Regierung zu bilden und dabei nicht auf die Stimmen der AfD angewiesen zu sein“. Die AfD habe ihr Wahlergebnis von vor fünf Jahren nicht halten können und könne daher auch nicht von einem Wahlerfolg sprechen. Esken lobt die „starke Zivilgesellschaft“ in Sachsen-Anhalt, die sie bei ihren Besuchen in dem Bundesland kennengelernt habe. „Diese Zivilgesellschaft, die für Aufbruch steht, die für den Schutz der Demokratie steht, die braucht unsere Unterstützung“, so die SPD-Vorsitzende.
Deswegen sei es „umso wichtiger, dass das Demokratiefördergesetz“ im Bundestag auch beschlossen werde. Es gehe darum, „dass die CDU/CSU-Fraktion jetzt auch dahintersteht“ und den Beschluss des Bundeskabinetts auch wirklich umsetzt. „Da geht unser Appell ganz klar an die Fraktion von CDU und CSU“, betont Saskia Esken.
Klingbeil: Keine Auswirkungen auf Bundestagwahl
In der „Berliner Runde“ des ARD-Fernsehens spricht SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Wahlabend davon, die SPD habe „alles andere als ein gutes Ergebnis“ in Sachsen-Anhalt erreicht. Man habe gehofft, das Ergebnis vom letzten Mal halten zu können, das habe leider nicht funktioniert. Viele hätte am Ende Reiner Haseloff gewählt, damit die AfD nicht stärkste Partei im Land werde.
Zu den bundespolitischen Auswirkungen der Wahl sagt Klingbeil: „Ich glaube, dass der heutige Tag für die Bundestagswahl weder für Herrn Laschet, noch für Frau Baerbock oder für die SPD etwas aussagt, da werden die Karten in 112 Tagen gemischt und da ist noch viel Strecke.“ Er glaube, niemand lehne sich jetzt zurück oder gebe eine Wahl verloren, die erst in 112 Tagen anstehe. Klingbeil verweist darauf, dass laut Umfragen 30 Prozent der Wähler*innen in Sachsen-Anhalt Olaf Scholz für den richtigen Kanzler hielten.
Kanzlerkandidat Scholz vor Laschet und Baerbock
„Bei der Bundestagswahl geht es um die Frage, wer folgt Angela Merkel ist Kanzleramt.“ Die Wähler würden entscheiden, ob sie Olaf Scholz, Armin Laschet und Annalena Baerbock das Kanzleramt anvertrauten. Hier liege Scholz klar vor beiden Konkurrenten, das bestätigt in der Runde ARD-Moderatorin Tina Hassel. Es gehe laut Klingbeil nun darum, die sehr guten persönlichen Zustimmungswerte für den SPD-Kanzlerkandidaten auf die Partei zu übertragen. „Das Rennen geht doch jetzt erst los“, gibt der SPD-Generalsekretär zu bedenken. „Wir freuen uns darauf, wenn es endlich losgeht.“
Letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl
Es war in Sachsen-Anhalt die letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl am 26. September und die erste Wahl bei der – lange nach der SPD – auch Union und Grüne ihre Kanzlerkandidaten bestimmt haben. Kein Wunder also, dass die Parteien in Berlin mit besonderem Interesse nach Magdeburg schauen.
Die Aufmerksamkeit der Medien konzentrierte sich besonders auf die Frage, ob die CDU erneut stärkste Partei im Landtag werden würde oder ob es erstmals der bisher zweitstärksten Kraft, der AfD, gelingen könnte, zum ersten Mal in einem Bundesland auf Platz 1 zu gelangen.
Seit 2016 erste Kenia-Koalition Deutschlands in Sachsen-Anhalt
Bei der Landtagswahl 2016 wurde die CDU mit 29,8 Prozent stärkste Kraft gefolgt von der AfD mit 24,3 Prozent. Mit deutlichem Abstand folgten die Linke mit 16,3 Prozent und die SPD mit 10,6 Prozent. Während die Grünen mit 5,2 Prozent knapp den Sprung in den Landtag schafften, scheiterte die FDP haarscharf mit 4,9 Prozent an die Fünf-Prozent-Hürde.
Sachsen-Anhalt wird seit 2016 von der ersten so genannten Kenia-Koalition regiert aus CDU, SPD und Grünen. Besonders zwischen CDU und Grünen kam es in dieser Zeit immer wieder zu heftigen Konflikten. In der sachsen-anhaltischen CDU gibt es daher den weit verbreiteten Wunsch, die Grünen gegen die FDP als Koalitionspartner auszutauschen. Es wäre die erste Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP in einem Bundesland. Darüber hinaus gibt es Spekulationen über eine mögliche Kooperation der CDU mit der AfD.
Das „Magdeburger Modell“ sorgt für Schlagzeilen
Das Land Sachsen-Anhalt hat in den letzten Jahrzehnten eine Vorreiterrolle bei neuen Koalitionsmodellen in Deutschland gehabt. Hier wurde 1994 das sogenannte „Magdeburger Modell“ entwickelt, eine SPD-Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Reinhard Höppner toleriert von der damaligen PDS. Dieses Modell amtierte bis 2002.
Auch im Land Berlin erlebte das Magdeburger Modell zwischen Juni 2001 und Januar 2002 eine kurze Blüte, als ein rot-grüner Minderheitssenat unter dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit von der PDS toleriert wurde. Nach den Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus bildete Wowereit schließlich eine rot-rote Mehrheitsregierung aus SPD und PDS.