Justyna Polanska nimmt den Leser mit hinter die Kulissen: Sie berichtet vom versnobten Arzt mit den geklauten Handtüchern. Von der gut aussehenden Frau, mit den Make-Up-Flecken auf dem Sofa oder vom verheirateten Mann, der vor der Putzfrau die Hosen runterlässt. Sie weiß, welche Vorurteile Menschen hegen, erlebt die Tests, mit denen misstrauische Auftraggeber prüfen, ob sie gründlich genug putzt und auch bestimmt nicht klaut.
"Egal welche Nationalität, die typische Haushaltshilfe ist weiblich und sozial wenig geachtet, besonders von ihren Arbeitsherren oder -damen." Ein Fazit, das zum Nachdenken anregt. Genau wie die Tatsache, dass Polanska schwarz putzt: Die Mehrkosten für die Steuer ist kaum ein Kunde bereit zu zahlen.
Unter Generalverdacht
Je mehr man von Polanskas Erfahrungen liest, desto stärker macht sich allerdings das Gefühl breit, dass die schlagfertige Putzkraft selbst jede Menge Vorurteile hegt und gerne bestätigt findet. Da ist etwa die nette Frau, die von Sauberkeit nichts versteht. Da ist die ältere Dame, unverheiratet - im Gegensatz zu Polanska - die "im Laufe ihres Lebens die eine oder andere Macke entwickelt hat, ohne dass sie ein Partner davon hätte abhalten können". Und da ist das Ehepaar, das so gerne die Nähe von Promis sucht, mit ihnen aber nicht wirklich auf Augenhöhe ist.
Polanska legt eine Abrechnung mit jenen vor, die "ihre Putzfrau" so genüsslich von oben herab behandeln. Ihr Anliegen ist es, mehr Respekt für die harte Arbeit des Putzens zu bekommen. Denn bisher stehen Putzfrauen "am unteren Ende der sozialen Wertekette". Ihre Ankündigung, all jene, die nicht perfekt sind zu entlasten indem sie ihnen zeigt, dass es überall Abgründe gibt, zeugt allerdings eher von Neid als von Selbstsicherheit. Doch vielleicht ist das ein Reflex darauf, ständig unter Generalverdacht zu stehen.
Justyna Polanska: "Unter deutschen Betten. Eine polnische Putzfrau packt aus", Knaur Verlag, München, 2011, 223 Seiten, 8,99 Euro, ISBN 978-3-426-78397-9
Goetz Schleser
ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.