Je mehr über die Pannenserie des Verfassungsschutzes im Hinblick auf die NSU-Morde ans Licht kommt, umso unverständlicher wird es, wieso eine solch ineffektive Behörde gebraucht wird. Der Geheimdienst-Experte Winfried Ridder fordert, den Einsatz von V-Leuten zu stoppen.
Am Dienstag hat er sein Buch „Verfassung ohne Schutz“ vorgestellt. In seinem Buch wurde kein geheimes oder vertrauliches Material verwendet. Dies lag sicherlich auch daran, dass ihm beim Schreiben des Buches mit Verletzung des Dienstgeheimnisses gedroht wurde. Er kennt sich aus. Er arbeitete jahrelang in der Behörde als Auswerter von Informationen von V-Leuten im linken Spektrum. Er spricht sich klar gegen den Einsatz von V-Männern aus. Die Motive ihres Handels seien allein Gier und Geld. Wenn die grundlegenden Interessen einer Person käuflich seien, sinke aber die Glaubwürdigkeit der Quelle, argumentiert Ridder. Zwar gäbe es vereinzelt Erfolge mit V-Männern, wobei diese auch durch klassische Geheimdienst-Arbeit möglich gewesen seien.
Ridder wirbt für einen Verfassungsschutzes ohne V-Männer und für eine stärkere Zusammenarbeit mit der Polizei. Das Trennungsgebot zwischen Nachrichtendiensten und Polizei sieht er als nicht mehr nötig und zeitgemäß an.
Allgemein sei der Verfassungsschutz als eine bürokratische und in ihrer jetzigen Form ineffektiven Behörde zu sehen. In den Führungsebenen gebe es zu viele dogmatische, konservative Juristen. Nur so ließe sich eine Beobachtung des früheren Juso-Vorsitzenden Wolfgang Roth von Seiten des Verfassungsschutzes erklären. Ridder ist klar, dass das politische Klima die Arbeit des Verfassungsschutzes beeinträchtigt. So wurde beispielsweise in den 80er Jahren eine Überwachung der Partei „Republikaner“ abgelehnt.
Der moderne Verfassungsschutz würde, wenn es nach Ridder ginge, aus einer Struktur ohne V-Männer bestehen, somit eine unbürokratische Analyse und Auswertung von Daten als Hauptaufgabe haben. Als ideales Ergebnis einer Umstrukturierung sieht Ridder den Leitsatz:„Der soll es machen, der es kann nicht wer zuständig ist“
Winfried Ridder: „Verfassung ohne Schutz ,Deutschen Taschenbuch Verlag. München 2013, 180 Seiten, 13,90 Euro, ISBN: 978-3-423-24980-5