Vertrauen in die Demokratie: Welche Rolle das Ehrenamt spielt
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Das Vertrauen der Bürger*innen in die Demokratie in Deutschland bleibt stabil, aber die Zufriedenheit mit ihrem Funktionieren nimmt ab. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Bevölkerungsumfrage im Rahmen der Studie „Demokratische Integration 2.0”, die das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) im Auftrag der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) und in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze) durchgeführt hat.
Zufriedenheit mir Demokratie sinkt
Danach halten 93 Prozent der Befragten die Demokratie für eine gute Regierungsform. Beim ersten Monitoring „Demokratische Integration“ in 2019 waren es noch 91 Prozent. Doch nur 62 Prozent der Bevölkerung sind mit der Art und Weise, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert, sehr zufrieden oder eher zufrieden (gegenüber 68 Prozent im Jahr 2019). Und auch das Vertrauen in die Bundesregierung lässt nach, denn nur noch zu 53 Prozent vertrauen ihr „voll und ganz” oder „eher”. 2019 waren es noch 59 Prozent.
Kritische Haltungen sind besonders ausgeprägt in Ostdeutschland. Nur 37 Prozent der Befragten bewerten dort die Demokratie, wie sie in Deutschland gelebt wird, als beste Staatsform. In Westdeutschland sind es 67 Prozent. Hier sind auch 79 Prozent der Meinung, dass sich die Demokratie bewährt habe. In Ostdeutschland sind es nur 50 Prozent. Besonders Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status und Anhänger*innen der AfD fällt es demnach schwerer, sich zur Demokratie in Deutschland zu bekennen. Als Grund hierfür werden hier Gefühle politischer Ohnmacht genannt. Im Durchschnitt haben 35 Prozent der Befragten den Eindruck, machtlos zu sein und daran auch durch Engagement nichts ändern zu können. (Personen mit niedrigem sozioökonomischem Status: 51 Prozent, Anhängerschaft der AfD: 65 Prozent).
Engagement stärkt Vertrauen
Die Ergebnisse der Studie zeigen auch, dass zivilgesellschaftliches Engagement oder Ehrenamt geeignet sind, Vertrauen in die Demokratie zu stärken. Denn insbesondere Engagierte mit einem Amt oder einer langfristigen Aufgabe sind mit dem Funktionieren der Demokratie zufrieden (70 Prozent der Engagierten, 62 Prozent der Gesamtbevölkerung, 59 Prozent der Nicht-Engagierten). Gleichzeitig erfahren sie seltener Gefühle politischer Ohnmacht (23 Prozent der Engagierten, 35 Prozent der Gesamtbevölkerung, 39 Prozent Nicht-Engagierte).
Für Thomas Klie vom zze hat sich damit ein wichtiger Befund bestätigt: „Systemvertrauen, Zustimmung zur Demokratie und das Gefühl der Selbstwirksamkeit sind bei denjenigen deutlich stärker ausgeprägt, die sich engagieren.“ Damit sei die Übernahme von Verantwortung gerade in Krisenzeiten besonders wichtig. Für Klie ist Engagement besonders geeignet, um die Erfahrung zu machen, das Gemeinwesen mitgestalten zu können. An die Politik gerichtet bedeutet dies, Voraussetzungen „zu fördern, damit sich Menschen engagieren können“.
Sorgen machen Inflation, Krieg und mangelndes Pflegepersonal
Beschäftigt hat sich die Studie aber auch mit der Frage, wie sich die Krisen der vergangenen Jahre auf die Haltungen zur Demokratie ausgewirkt haben: Die Untersuchung zeigt erhebliche Sorgen in der Bevölkerung. Angefangen mit der erlebten Inflation, die 86 Prozent der Befragten große Sorgen macht, und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, den 85 Prozent mit Sorgen betrachten. Aber auch andere Probleme werden wahrgenommen. Das betreffe nicht nur das, was in den Medien diskutiert werde, „wie etwa die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr“, sagt Wilhelm Haumann vom IfD. Vielmehr gehe es um Dinge, die man im Nahbereich wahrnehme, wie etwa die Verfügbarkeit von Pflegepersonal. „Das ist für 94 Prozent ein Problem.“
Auch ist eine Zunahme von Problemen in der Region, in der die Befragten leben, erkennbar. So nennen diese hohe Miet- und Immobilienpreise (55 Prozent), den schlechten Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (42 Prozent) und die zu hohen Lebenshaltungskosten (38 Prozent).
Für Katarina Peranić, Vorständin der DSEE, zeigen die Ergebnisse der Studie, dass es wichtig ist, Engagement und Ehrenamt vor allem in strukturschwachen und ländlichen Räumen zu fördern. „Wir müssen Engagement und Ehrenamt vor allem dort stärken, wo das Vertrauen in unsere Demokratie und in die eigene Selbstwirksamkeit schwinden,” erklärt sie.
Mit dem Monitoring Demokratische Integration werden die Einstellungen zur Demokratie und Verhaltensweisen der Bevölkerung längerfristig beobachtet, um frühzeitig Maßnahmen zur Förderung von Engagement und demokratischem Verhalten entwickeln zu können. Als Teil der Gesamtstudie „Monitoring Demokratische Integration” wurde im Dezember 2022 eine repräsentative Bevölkerungsbefragung durchgeführt. Hierbei wurden 1.023 Personen mündlich-persönlich von 319 Interviewer*innen zu ihren Einstellungen zur Demokratie und zu entsprechenden Verhaltensweisen befragt.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.