Vdk-Rentenkampagne: Sozialverband fordert Umverteilung
Heidi Scherm
Mehr als elf Millionen Menschen verdienen in Deutschland so wenig, dass ihre Rente nach 45 Beitragsjahren unterhalb des Existenzminimums liegt. Ihnen droht Armut im Alter. Für Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, darf sich damit niemand abfinden. Das sagt sie am Montag zum Start der Rentenkampagne #Rentefüralle in Berlin.
Eine Rentenversicherung für alle
Die Politik habe viel zu lange zugelassen, dass Menschen prekär beschäftigt werden, in Teilzeit arbeiten, arbeitslos sind oder ohne Ausbildung bleiben, kritisiert Bentele. Vor allem aber habe sich die Politik damit abgefunden, dass Spitzenverdiener und Beamte ihre eigenen Vorsorgesysteme haben, in die sie einzahlen. Ein solidarischer Sozialstaat müsse anders aussehen, betont Bentele. Nämlich so, dass alle Erwerbstätigen – Beamte, Selbstständige und Politiker inklusive – in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen.
Gleichzeitig fordert ihr Verband, dass sich alle Generationen auf eine gute Absicherung durch die Rente verlassen können müssen. Denn das Vertrauen in die gesetzliche Altersvorsorge nimmt ab. „80 Prozent der Erwerbstätigen gehen davon aus, dass sie später von ihrer Rente gar nicht mehr oder gerade noch so leben können“, rechnet Verena Bentele vor.
Vermögen statt Renten besteuern
Aber auch eine gerechte Besteuerung steht im Forderungskatalog des VdK, denn „Reichtum bleibe bei den wenigen, wo er schon ist, während Armut immer mehr Menschen erreicht“. Der Sozialverband kritisiert, dass jemand, der eine Wohnung vermietet oder ein Unternehmen besitzt, nur 25 Prozent Abgeltungssteuer zahlen muss. „So eine Steuerpolitik unterstützt, dass Armut und Reichtum immer größer werden“, erklärt Bentele. Die Frage, warum Renten besteuert werden und Vermögen nicht, mache die Ungerechtigkeit des Steuersystems deutlich. Ebenso, dass der Handel mit Wertpapieren steuerfrei bleibe.
Für den VdK steht fest: „Soziale Gerechtigkeit funktioniert nur mit Umverteilung.“ Die konkrete Forderung dahinter lautet, dass künftig bei der Rente Dienste an der Gesellschaft wie Kindererziehung und Pflege belohnt werden müssen, finanziert aus Steuermitteln.
Und auch dem demografischen Wandel als „Totschlagargument“ setzt Verena Bentele etwas entgegen: Entscheidend für das Umlagesystem sei nicht die Zahl der Köpfe, sondern die allgemeine Produktivität. Statt Junge und Alte gegeneinander auszuspielen, sollte man der „Verunsicherung der Jüngeren mit einem stabilen Rentenniveau von 50 Prozent begegnen“.
Rente mit 70 ist ein Irrweg
Die Rente mit 70 erklärt der VdK als Irrweg, „weil die wenigsten solange durchhalten“. Und wer nicht mehr kann, dürfe nicht auch noch bestraft werden. Deshalb setzt sich der Verband auch für eine Abschaffung der Abschläge bei der Erwerbsminderung ein und für eine Grundrente. Bedürftigkeitsprüfungen lehnt er ab. „Denn in der Grundrente werde nur korrigiert, was jahrelang versäumt wurde: faire Löhne und gute Beschäftigung.“
Mit seiner Rentenkampagne will der VdK nicht nur die Arbeit der Rentenkommission der Bundesregierung kritisch begleiten, sondern auch mit Großveranstaltungen, Diskussionen mit Abgeordneten und Jugendvertretern der Parteien sowie mit klassischen Unterschriftenaktionen und Social-Media-Aktionen politische Maßnahmen öffentlich einfordern. „Wir werden die Politik lautstark unter Druck setzen“, erklärt Bentele.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.