Inland

Urteil nach Überfall auf Familie in Eisleben

von Christian Rath · 18. Februar 2014

Das Landgericht Halle hat den Überfall von drei Rechtsradikalen auf eine deutsch-syrische Familie mit Freiheitsstrafen von zwei bis vier Jahren quittiert. Die Anwälte der betroffenen Familie zeigten sich mit dem Urteil zufrieden.

Die Tat geschah im April 2012 am hellichten Tag. Die seit 16 Jahren in Deutschland lebende Familie besuchte das Volksfest in Eisleben (Sachsen-Anhalt). Am Vortag hatte die Tochter Verlobung gefeiert. Die Stimmung war heiter. Da tippte dem Bräutigam jemand von hinten auf die Schulter. Als sich der junge Mann herumdreht, hat er eine Faust im Gesicht.

Familie hatte deutsche Staatsbürgerschaft

Zugeschlagen hat der damals 19-jährige Eric S. Kurze Zeit später kommen noch der 24-jährige Ronny G. und der 32-jährige Marcel H. hinzu. Gemeinsam prügeln sie auf die Familie ein, mindestens ein Schlagstock ist im Spiel, vielleicht auch ein Schlagring. Die Angreifer rufen Parolen wie "Scheiß-Ausländer". Dabei hat die angegriffene Familie seit 2011 sogar die deutsche Staatsbürgerschaft.

Am Ende sind sieben Menschen, darunter ein Passant, teilweise schwer verletzt. Der Bräutigam erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, tagelang liegt er im künstlichen Koma. Die Mutter der Familie muss monatelang an Krücken gehen. Die Tochter braucht psycho-therapeutische Behandlung, kann wochenlang nicht mehr arbeiten.

Der Fall sorgt bundesweit für Schlagzeilen, nicht zuletzt weil die Jusiz eher desinteressiert agiert. Die Täter, die zur rechten Szene gehörten, sind zwar schnell identifiziert, bleiben aber in Freiheit, obwohl Zeugen eingeschüchtert wurden. Und als das Trio schließlich angeklagt wird, landet der Fall beim Amtsgericht Eisleben, wo keine schweren Strafen verhängt werden können.

Urteil nach 20 Verhandlungstagen

Nach Protesten gaben die Amtsrichter den Fall dann aber doch ans Landgericht Halle ab, wo am Montag nach zwanzig Verhandlungstagen und der Vernehmung von 53 Zeugen das Urteil fiel. Der Haupttäter Eric S. bekommt eine zweijährige Jugendstrafe auf Bewährung, da er noch nicht vorbestraft und bei der Tat betrunken war. Er muss 120 Sozialstunden und ein Anti-Gewalt-Training absolvieren. Ronny G. muss dagegen drei Jahre in Haft und Marcel H. sogar vier Jahre (bei ihm wurden aber noch andere Delikte einbezogen).

Der Vorwurf gegen alle drei: gefährliche Körperverletzung. Zwar wäre auch versuchter Totschlag oder versuchter Mord in Betracht gekommen. Aber Richterin Ursula Mertens wollte kein Risiko eingehen und eine Aufhebung beim BGH sicher ausschließen.

In ihrer engagierten Urteilbegründung wandte sie sich immer wieder persönlich an die Angeklagten: "Stellen Sie sich doch mal vor, Ihre Familie würde so überfallen...". Allerdings kam nur bei Ronny G. auch dessen rechtsextreme Gesinnung zur Sprache.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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