Der SPD-Spitzenkandidat will im Wahlkampf auf klare Worte setzen – und auf Humor.
Was ist das Beste an der SPD?
Dass sie seit fast 150 Jahren für Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit kämpft. Dass viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für diesen Kampf große Opfer gebracht haben – manche sogar mit ihrem Leben bezahlt haben. Dass die SPD in ihrer Geschichte nie die Ideologien, sondern immer die Menschen in den Mittelpunkt gestellt hat. Für eine solche Partei als Spitzenkandidat in eine Wahl ziehen zu dürfen, ist nicht nur eine große Herausforderung, sondern auch eine große Ehre.
Der Wahlkampf 2013 hat begonnen. Wovon wird er handeln?
In einem Wahlkampf geht es immer darum, was die Menschen bewegt: Die wachsende soziale Spaltung im Land. Die unhaltbaren Zustände gerade im Niedriglohnsektor. Die Probleme im Bildungssystem. Die SPD wird auch die gravierenden handwerklichen Defizite der schwarz-gelben Bundesregierung angreifen – und gleichzeitig eine Perspektive bieten, wie den Fliehkräften in unserer Gesellschaft Einhalt geboten werden kann. Viele Menschen haben eine Sehnsucht danach, dass nicht Ego-Werte die Gesellschaft bestimmen, sondern das Gemeinwohl im Mittelpunkt steht.
Angela Merkel scheint auf dem Höhepunkt ihrer Popularität. Warum sollten die Wähler 2013 einen Wechsel wollen?
Frau Merkel hat es bisher geschafft, sich von einem Kabinett präsidial abzuheben, für das sie die Verantwortung trägt. Manche tun ja so, als ob Frau Merkel mit dem schlechtesten Kabinett seit 1949 nichts zu tun hat. Also wird die SPD sehr viel deutlicher machen müssen, dass diese Kanzlerin für den Streit, für die Orientierungslosigkeit, die Klientelpolitik und auch die Entscheidungsschwäche dieses Kabinetts verantwortlich ist.
Was wird der Bundeskanzler Steinbrück besser machen als Frau Merkel?
Erstens: besser regieren. Zweitens wird er einem anderen gesellschaftspolitischen Leitbild folgen. Wir müssen versuchen, diese Gesellschaft zusammenzuhalten. Sie wird auseinandergerissen durch die Spaltung des Arbeitsmarktes, durch Bildungsbarrieren, durch eine katastrophale kommunale Finanzlage, durch entfesselte Finanzmärkte und nach wie vor durch eine Drift in der Einkommens- und Vermögensverteilung. Wir brauchen eine Perspektive, die jenseits von nur korrigierenden Maßnahmen sein muss.
Rot-Grün ist das erklärte Ziel. Aber was geschieht, wenn Rot-Grün keine Mehrheit bekommt? Manche Medien meinen ja, Peer Steinbrück komme besser mit der FDP zurecht.
Die wollen etwas herbeischreiben. Ich beschäftige mich nicht mit einem Szenario, das ich nicht anstrebe und nicht für wünschenswert halte. Ich bin nicht auf dem Umweg über Frau Merkel zu haben. Deshalb habe ich klargemacht, dass ich in kein neues Kabinett von Frau Merkel eintreten würde. Unser gemeinsames Ziel ist Rot-Grün.
Mancher in der SPD fürchtet, ein Kanzler Steinbrück werde sich nicht mehr dafür interessieren, was die Partei beschließt.
Das Programm muss identisch sein mit dem Kandidaten und der Kandidat mit dem Programm. Aber der Kandidat muss sich auch vergegenwärtigen, dass er nicht nur 500 000 SPD-Mitglieder ansprechen muss, sondern 62 Millionen Wahlberechtigte.
Sie sprachen am Freitag, dem 28. September, von Respekt vor den Gremien der Partei. Die Kandidatenkür zeugte aber nicht unbedingt von solchem Respekt?
Manchmal ist man Zwängen ausgesetzt, wo es wichtiger ist, Handlungsfähigkeit zu zeigen, als in lange Abstimmungsprozesse zu gehen. Die Lage an jenem Freitag ist einfach so gewesen, dass der Parteivorsitzende handeln musste. Das wird man ihm zugestehen müssen.
Haben Sie eine Bitte an die SPD?
Geschlossenheit wird wichtig sein. Aber auch Witz! Wahlkampf ist nicht nur eine Bürde. Natürlich braucht man eine schlüssige Strategie und überzeugende Positionen – aber Wahlkampf muss auch Spaß machen.