Inland

Union lässt Ursula von der Leyen im Stich

von Stefan Grönebaum · 7. März 2007
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Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet: Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen fand bei der Koalitionsrunde am Montagabend weder bei der Kanzlerin noch bei Unionsfraktionschef Volker Kauder den nötigen Rückhalt. Nun soll die Ministerin im Gespräch mit Ländern und Kommunen klären, ob es einen Bedarf für weitere 500 000 Krippenplätze für unter Dreijährige bis zum Jahr 2013 gebe. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer meinte gar, ein Familiengipfel solle vor Ostern prüfen, ob das im Koalitionsvertrag fixierte Ziel, bis zum Jahr 2010 ca. 230 000 neue Plätze zu schaffen, nicht ausreiche. Laut SPD-Bundestagsfraktionschef Peter Struck "hat Frau von der Leyen nicht den Rückhalt in der eigenen Fraktion." SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sah "Verwirrung in der Union über den Bedarf an Betreuungsplätzen."

Frau von der Leyen bekräftigte ihre Pläne am Dienstag, aus der Unionsfraktion hieß es daraufhin, man erwarte von der Ministerin mehr Zurückhaltung. Kanzlerin Angela Merkel, die in der Koalitionsrunde den von der Ministerin angemeldeten Bedarf bezweifelt hatte, erklärte, von der Leyen habe die Unterstützung der Koalition. Während CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla erklärte, die Ministerin habe "eine unglaublich breite Unterstützung in der Union", während es aus seinem Haus hieß, 70 Prozent der Partei unterstützten von der Leyen, aber rund 30 Prozent vor allem konservativere Unionsmitglieder ( z.B. in Baden-Württemberg ) verfolgten die Debatte skeptisch.

Zuvor hatten mehrere Unionsgranden dem Finanzierungsvorschlag Edmund Stoibers, Betreuungsplätze über die Mehrwertsteuer zu bezahlen, eine Absage erteilt: Laut Pofalla ist dies "ein verfehlter Profilierungsversuch Stoibers", Unionsfraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen und NRW-MP Jürgen Rüttgers verwiesen auf die Verantwortung der Länder. Derweil erklärte Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, dass die zusätzlichen 500 000 Plätze "zu wenig" seien. Die zusätzlichen Kosten bezifferte der CDU-Politiker auf rd. 9,5 Milliarden Euro, die Zahl der benötigten Erzieher auf etwa 50 000. Derzeit gibt es in Deutschland rd. 250 000 Krippenplätze, d.h. zwölf Prozent der 2,1 Millionen unter dreijährigen Kinder. Sogar das Zentralkomitee Deutscher Katholiken (ZdK) sicherte nun Ursula von der Leyen Unterstützung zu: Die Union gefährde mit ihrer Haltung Deutschlands Zukunft.

Quellen: www.spiegel.de, Der Tagesspiegel, Die Tageszeitung, Die Welt, Financial Times Deutschland, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7.3. und 6.3.

Autor*in
Stefan Grönebaum

war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.

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