Er war ein umstrittener Mann und er war ein erfolgreicher Mann. Er war konservativ. Ungeheuer reich und politisch ein Mann der Nachkriegszeit und des Kalten Krieges. Axel Springer wäre heute 100 Jahre alt geworden.
Unter ihm entstand und entwickelte sich die auflagenstärkste Zeitung Deutschlands. Axel Cäsar Springer wurde am 2. Mai 1912 in Hamburg geboren. Die Erstausgabe der BILD erscheint am 24.6.1952. Da ist Springer 40 Jahre alt. Der Krieg sieben Jahre vorbei. Die Bundesrepublik Deutschland und die DDR sind beide drei Jahre alt. Und immer noch verwüstet.
1945 ist das Ausgangsjahr für den Zeitungsverlag: Im Mai ist die Kapitulation, im Sommer der Nürnberger Kriegsverbrecherprozess. Am Ende jenes Jahres erhält Springer von der britischen Militärregierung die Lizenz zum Drucken von Büchern und Kalendern. Die Erfolgsgeschichte beginnt. Eine Geschichte, die hier längst nicht in allen Einzelheiten geschildert werden kann.
Grundstein für den publizistischen Erfolg
Die Hör Zu erscheint ab 1946, die Constanze zwei Jahre darauf. 1953 folgten Die Welt, Das neue Blatt sowie die Welt am Sonntag. Der Grundstein war gelegt für einen publizistischen Erfolg, der dann in den sechziger und siebziger Jahren vor allem polarisierte. Springer ist im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und in der Nazizeit geprägt worden.
So unterschiedlich diese Systeme waren, sie beinhalteten deutliche Elemente von starker, nicht in Frage gestellter sozialer und staatlicher Autorität. In den sechziger Jahren brachte das die Generation Springer in Wirtschaft und Bildung, Justiz, Polizei und Politik in eine von ihr noch nie erlebte Situation.
Absichtsvoll und ohne um Genehmigung zu bitten wurden sie aktiv. Gingen die jungen Frauen und Männer, meistens auch noch adrett gekleidet, auf die Straße, protestierten: Gegen den Faschismus in Portugal und in Spanien, gegen die faschistischen Generäle in Griechenland, gegen die Notstandsgesetzgebung in der Bundesrepublik, gegen die erstarrten, vermufften Schulen und Hochschulen, gegen ein zum Teil noch immer von braunen Funktionsträgern und Politikern regiertes Land.
BILD als publizistisches Bataillon
Springer ließ – dass muss man so formulieren – seine Blätter gegen die Demonstrationsbewegung antreten. Die BILD-Zeitung führte seine publizistischen Bataillone an. Hetzte gegen sie, gegen die von Egon Bahr und Willy Brandt eingeleitete neue Ostpolitik, diffamierte. So 1978 die Studentin Eleonore Poensgen als Terroristin im Zusammenhang mit der Ermordung des Dresdner Bank Chefs Jürgen Ponto. 50 000 Mark Schmerzensgeld muss die Bildzeitung zahlen.
Lieblingsgegner sind in jenen Jahrzehnten neben vielen anderen Günter Grass und Heinrich Böll, Hans-Magnus Enzensberger, Rudi Dutschke und mehr und mehr Günter Wallraff. Sie machten die Fenster dieser muffigen Räume auf, in denen sich die konservativen und reaktionären Teile der Gesellschaft und der Eliten eingerichtet hatten. Die Republik durchgelüftet.
Darüber war nun zu berichten. Im sich nach und nach herausbildenden öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit dem WDR und dem NDR vor allem, im SPIEGEL in der ZEIT, im STERN, die die Belüftungsaktionen, die die neue Ostpolitik publizistisch mit Sympathie begleiteten und auf der anderen Seite die Springer Presse, die auf der Seite der Adenauers, Erhards und Mendes dagegen anschrieb.
Herausragende Erfolgsgeschichte
Besonders heraus ragte der schwarz-weiß-rote Wehrturm: Die BILD. Ebenfalls und trotz aller Polarisierung, zumindest wirtschaftlich die herausragende Erfolgsgeschichte des Springer Verlages. Bis zum heutigen Tag. Ihre Reichweite beträgt knapp 13 Millionen Leser: Deutlich über drei Millionen, zuweilen sind es vier, kaufen sie täglich. Sie trägt zu Erfolg und Niederlagen bei. Zu Aufstieg und Abstieg wie kaum ein Blatt in Zentraleuropa. Ihre Berichterstattung kann Furcht und Entsetzen auslösen. Euphorie und Schock.
Max Goldt schreibt in einem 2001 erschienen Text unter anderem: „Diese Zeitung ist ein Organ der Niedertracht“. Viele haben das in den zurückliegenden sechs Jahrzehnten erfahren und mancher BILD-Chefredakteur, allen voran Peter Boenisch, hat das später bedauert.
ist Journalist, Gast-Dozent für Fernsehdokumentation und -reportagen an der Berliner Journalistenschule und an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin sowie Honorarprofessor im Studiengang Kulturjournalismus an der Berliner Universität der Künste (UdK).