Überraschung: Christine Lambrecht wird Ministerin für Verteidigung
Florian Gaertner/photothek.de
Es ist eine Überraschung im doppelten Sinne: Denn Christine Lambrecht hatte entschieden, im September nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren. Dabei hatte die Juristin am Ende der Legislatur gleich zwei Bundesministerien zu beackern. 2019 übernahm sie das Ministerium für Justiz von Katarina Barley, als diese für die SPD als Spitzenkandidatin in die Europawahl zog, und war nach dem Rücktritt von Franziska Giffey im Mai dieses Jahres auch deren Amtsnachfolgerin als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Herausforderung: Verteidigung
Die Leitung zweier Ministerien sei eine der ganz großen Kompetenzen und Fähigkeiten, erklärt am Montag dann auch der künftige SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz. Über genau diese Fähigkeiten müsse man verfügen, wenn man das Verteidigungsressort leiten wolle, denn das sei ein großes Ressort, fährt er fort, und schlägt die 56-jährige Lambrecht als künftige Bundesministerin für Verteidigung vor.
„Für viele wird die Nominierung als Verteidigungsministerin eine Überraschung sein“, schickt Lambrecht denn auch in ihrer Vorstellungsrunde im Berliner Willy-Brandt-Haus vorweg. Für sie sei es in erster Linie ein großer Vertrauensbeweis, aber auch eine Herausforderung. „Wer mich kennt weiß, dass ich gerne große Herausforderungen annehme“, betont sie und hat sich für diese Ausgabe bereits einiges vorgenommen.
Soldat*innen-Beruf „attraktiv machen“
Zunächst stellt sie klar, dass die Soldatinnen und Soldaten es verdient hätten, „dass wir sie mit Anerkennung und Respekt begegnen“. Dabei will sie die Reservist*innen mit einbeziehen, die „Großartiges leisten“. Als Beispiel nennt sie deren Einsatz während der Corona-Pandemie und beim Hochwasser im Ahrtal im Sommer dieses Jahres. Nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten will Lambrecht ihnen Respekt zollen und vor allen Dingen für eine gute Ausstattung sorgen. „Wir müssen das Beschaffungswesen modernisieren.“ Doch Lamrecht möchte mehr: Sie will den Beruf „attraktiv machen, damit er demografiefest ist“.
Mit Bezug auf den Afghanistan-Einsatz betont sie aber auch die Notwendigkeit, künftig Auslandseinsätze zu evaluieren. Sie müssten immer wieder überprüft werden, betont sie, auch daraufhin, dass eine „Exit-Strategie vorhanden ist“. Dafür wolle sie sich einsetzen. Es ist im Übrigen genau dieser Beschluss zum Afghanistan-Einsatz gewesen, der für Christine Lambrecht als SPD-Abgeordnete des deutschen Bundestags ein besonders schwieriger Moment gewesen sei, wie sie in einem Interview mit dem "vorwärts" im Sommer erklärte.
23 Jahre lang Bundestagsabgeordnete
In diesem Interview hatte sie auch betont, wie einschneidend für sie als Justizministerin besonders die Monate der anhaltenden Corona-Pandemie gewesen seien. „Niemals hätte ich mir vorstellen können, dass ich so weitreichende Grundrechtseinschränkungen beschließen muss“, hatte sie erklärt. Doch die Pandemie habe diese Einschränkungen erforderlich gemacht in der Abwägung von Grundrechten und Schutz für Leben und Gesundheit.
Wenn also Olaf Scholz am Montag das Verteidigungsministerium als ein Ressort vorstellt, dass eine „wichtige Verantwortung für unser Land und unsere Sicherheit hat“, lässt sich mit Gewissheit sagen, dass die Übernahme einer großen Verantwortung für Christine Lambrecht nicht neu ist.
23 Jahre lang war sie Bundestagsabgeordnete der SPD, hat in dieser Zeit ihren Sohn bekommen und sich als Familienminsterin u.a. besonders für die Einführung einer Kindergrundsicherung stark gemacht und auch dafür, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Beides ist nun Bestandteil des Koalitionsvertrags der neuen Ampelregierung, derren Kabinett Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin angehören wird.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.