Inland

Trotz SPD-Wahlsieg bleibt das Ergebnis der AfD beunruhigend

Es ist das vierte Mal in Folge, dass die AfD mit einem zweistelligen Ergebnis in einen deutschen Landtag einzieht. Das ist beunruhigend, auch wenn die SPD stärkste Kraft im Schweriner Landtag geblieben ist.
von Karin Nink · 4. September 2016
Wahkampfabschluss mit Storch Heinar
Wahkampfabschluss mit Storch Heinar

Wir müssen uns noch viel konkreter fragen, was läuft eigentlich schief? Warum laufen Menschen scharenweise diesen rechtspopulistischen Rattenfängern hinterher? Warum glauben Bürgerinnen und Bürger an die Versprechen der Rechtspopulisten, die sie niemals halten werden? Aber auch das scheint ihren Wählern – überwiegend männlich, aus der Mitte der Gesellschaft und in den besten Jahren – egal zu sein. Die Arbeit der AfD in den Landtagen ist nachweislich schwach, aber es schert niemanden.

AfD ist nicht wirklich eine Alternative

Die „Alternative für Deutschland“, die AfD, ist keine. Wird sie noch mächtiger, wird sie die Wirtschaft schwächen, denn sie ist gegen den Euro. Sie wird die moderne Gesellschaftspolitik zurückdrehen, Frauen wieder an den Herd und Männer – ob sie wollen oder nicht – ­in den Job verbannen. Sie wird gegen den Mindestlohn arbeiten,  auch wenn das Programm der Bundes-AfD im Nachhinein geändert wurde. Im Berliner Wahlprogramm wird er klar abgelehnt.

Die AfD ist auch keine Alternative für die, die es den klassischen Parteien mal so richtig zeigen wollen, weil sie sich von denen so enttäuscht fühlen. Dabei übersehen diese Protestwähler komplett, dass viele der AfD Spitzenleute genau aus dem Establishment kommen, das sie doch so verachten und von dem sie sich ignoriert fühlen: Alexander Gauland war leitender Journalist und in Politik und Journalismus ein renommierter Mann. Er ist nicht der einzige: Der niedersächsische Landesvorsitzende war lange als Journalist bei der ARD angestellt, die heute von seinen Anhängern als „Lügenpresse“ diffamiert wird, und auch der scheinbar smarte Spitzenkandidat aus MV gehörte zu den bekannten Journalisten seiner Region. 

Um die bemühen, die sich im Stich gelassen fühlen

Es wird nicht jeder zurückzuholen sein. Die demokratischen Parteien werden notorische Rechtspopulisten oder menschenverachtende Rechtsradikale kaum gewinnen können. Die gab es immer und wird es leider wohl auch immer geben. Aber alle, die sich mit ihren Ängsten im Stich gelassen fühlen, die den Eindruck haben, um Zugewanderte kümmert sich der Staat mehr als um sie, um die müssen sich die Demokraten bemühen. Das Gefühl dieser Bürgerinnen und Bürger mag objektiv falsch sein, es ändert aber nichts an ihrer wachsenden Unsicherheit. Sie fühlen sich nicht mitgenommen in dieser globalisierten und digitalisierten Welt. Das mag man verstehen oder nicht, aber wir müssen es zur Kenntnis nehmen, um diese Menschen zurückzugewinnen.

Dafür dürfen wir Flüchtlinge und Zuwanderer nicht gegen die sozial Schwächeren ausspielen, auch nicht verbal. Wer die Sprache der Rechtspopulisten übernimmt, zieht keine Wähler an, sondern schiebt sie der AfD zu. Jüngstes Beispiel dafür ist der CDU-Spitzenkandidat Lorenz Caffier in Mecklenburg-Vorpommern.

Zeigen, was die SPD geleistet hat

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sollten selbstbewusst auf die Menschen zugehen, deutlich machen, was die SPD in dieser Legislaturperiode geleistet hat, zum Beispiel die Mietpreisbremse und den Mindestlohn. Und im bevorstehenden Bundestagswahlkampf müssen wir deutlich zeigen, dass wir die wachsende Ungleichheit im Land nicht weiter hinnehmen werden. Kluge Antworten, die jedem einleuchten, sind gefragt.

Und nicht zuletzt müssen wir zu diesen Wählerinnen und Wählern gehen. Wie sagte Sigmar Gabriel beim Bundesparteitag 2009: „Wir dürfen uns nicht zurückziehen in die Vorstandsetagen, in die Sitzungsräume. Unsere Politik wirkt manchmal aseptisch, klinisch rein, durchgestylt, synthetisch. Und das müssen wir ändern. Wir müssen raus ins Leben; da, wo es laut ist; da, wo es brodelt; da wo es manchmal riecht, gelegentlich auch stinkt. Wir müssen dahin, wo es anstrengend ist.“

Es geht um viel.

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Karin Nink

ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.

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