Inland

Treuhand: Bundesregierung steigt bei Rosneft und PCK-Raffinerie ein

Die Bundesregierung stellt Rosneft Deutschland unter Treuhandverwaltung – und ist damit künftig direkt an Öl-Raffinerien beteiligt. Im Mittelpunkt: Die PCK-Anlage in Schwedt in Ostdeutschland. Doch es geht um mehr als nur einen Ort.
von Benedikt Dittrich · 16. September 2022
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne, von links), Bundeskanzler Olaf Scholz und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD).
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne, von links), Bundeskanzler Olaf Scholz und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD).

Die Bundesregierung stellt den deutschen Ableger des russischen Öl-Konzerns Rosneft unter Treuhandverwaltung. Das Vermögen soll künftig die Bundesnetzagentur verwalten – eine Aufgabe, die die Agentur auch schon bei den Gasspeichern übernommen hatte. Mit der Entscheidung ist der Staat künftigt direkt an mehreren Öl-Raffinerien beteiligt. Von besonderer Bedeutung ist das für die PCK-Anlage in Schwedt in Brandenburg, die bisher komplett von russischen Öl-Lieferungen abhängig war. In der Stadt an der Oder endet die Druschba-Pipeline, durch die Rohöl von Russland quer durch Europa fließt.

Warum eine Treuhandverwaltung?

Da Deutschland sich von den Öl-Importen aus Russland unabhängig machen will, droht an dem Schwedter Standort zum Jahreswechsel Ölmangel, denn die Importe müssen kompliziert auf anderen Wegen ersetzt werden – beispielsweise in Kooperation mit Polen oder über Öl-Häfen an der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern.

Kommt zu wenig Rohöl in der Uckermark an, könnten ohne Treuhandverwaltung Arbeitsplätze verloren gehen. „Der Standort Schwedt ist damit gesichert“, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitag im Bundeskanzleramt. Mit der Treuhandverwaltung sei gesichert, dass niemand in der brandenburgischen Stadt Angst um seinen Arbeitsplatz haben müsse.

Was noch beschlossen wurde

Neben der Treuhandverwaltung hat die Bundesregierung – in Kooperation auch mit den Bundesländern – ein großes Unterstützungspaket geschnürt. Mit einer Milliarde Euro soll laut Scholz die Pipeline von Rostock nach Schwedt für künftige Öl-Importe ertüchtigt werden. Mehr als 800 Millionen aus dem Paket sollen in die Region Schwedt fließen, wie Scholz im Beisein von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) verkündete.

Das sei auch der Beginn der klimaneutralen Transformation in der Region, wie Woidke ergänzte – denn die Raffinerie sei prädestiniert für die Herstellung von synthetischem Kerosin. Die Raffinerie bezeichnete er als „Herz und Rückgrat“ der Region. Dabei erinnerte Woidke auch an die ostdeutsche Bedeutung der PCK-Anlage, die in der Region nach dem Ende der DDR Arbeitsplätze gesichert hatte. PCK stand noch bis 1991 für „Petrolchemisches Kombinat“, ab 1991 dann für „Petrolchemie und Kraftstoffe“.

Weitere Millionen sollen in Richtung Leuna in Sachsen-Anhalt fließen sowie nach Mecklenburg-Vorpommern für den Ausbau der Import-Infrastruktur.

Wie es nun weitergeht

Neben Ausbau und Erhalt der Öl-Infrastruktur in Ostdeutschland ging es der Bundesregierung und den Landesregierungen um die Sicherung der Standorte und der Arbeitsplätze in der Region. Auch dann, wenn Importe aus Russland künftig ausbleiben.

Ab Dezember tritt außerdem schrittweise das in der EU beschlossene Öl-Embargo in Kraft. Von dem ist die Druschba-Pipeline aus Rücksicht einiger osteuropäischen Länder zwar ausgenommen, Deutschland hatte aber schon zuvor versichert, diese Ausnahme nicht nutzen zu wollen, um die Kriegskasse von Vladimir Putin nicht weiter zu füllen.

„Damit halten wir nun über 1.200 und viele tausend weitere Jobs in der Region Schwedt“, hatte SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz die Entscheidung zur Rettung der PCK-Raffinerie zuvor gelobt. „Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich immer für den Standort eingesetzt und steht fest an der Seite der Industrie und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“

Darum ginge es auch zuallererst, wie Scholz am Freitag auf Nachfrage noch einmal bekräftigte: Um die Sicherung des Standorts und damit auch der Arbeitsplätze in der Region. Der Landkreis Uckermark gehört zu den strukturschwachen Regionen in Ostdeutschland, die Raffinerie an der Oder zu den größten und wichtigsten Industriebetrieben in der Grenzregion zu Polen, auch viele weitere Betriebe und Jobs hängen davon ab.

Ostdeutschland bekommt weiterhin Benzin und Diesel

Außerdem ist die PCK-Raffinerie zentral für die Treibstoff-Versorgung in Ostdeutschland, allen voran für Benzin und Diesel. Diese Versorgung, das betonten Scholz, Habeck und Woidke, sei gesichert. Man habe sich – wie auch bei den Gaslieferungen aus Russland – seit Kriegsbeginn am 24. Februar darauf eingestellt, auch ohne Lieferungen aus Russland die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleisten zu können, so Scholz. „Deswegen sind wir jetzt vorbereitet.“

Die notwendigen Investitionen könnten nun getätigt werden, hatte Woidke zuvor noch betont. Niemand müsse sich um seinen Arbeitsplatz sorgen machen, nicht zuletzt über die Kurzarbeits-Regelungen seien die Menschen abgesichert. „Niemand muss sich Sorgen machen, dass Kredite nicht abgezahlt werden können“, so Woidke, betonte in seinem Schlusssatz aber offen: „Was wir nicht versprechen können, ist, dass in der Zukunft alles glatt und fröhlich laufen wird.“ Er sei aber dankbar, sagte er in Richtung Scholz und Habeck, „dass wir so weit gekommen sind.“

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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