Terrorgruppe wollte nach Südafrika flüchten
Nach Erkenntnissen des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz wollte sich das damals untergetauchte NSU-Terror-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe 1999 nach Südafrika absetzen. Dies scheiterte, weil Zschäpe die beiden Uwes nicht ins Ausland begleiten wollte. Das Trio stand deshalb kurz davor sich zu trennen. Das berichtet ein ehemaliger V-Mann-Führer des Landesamts, der bereits zum dritten Mal im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München aussagte. Der pensionierte Regierungsoberrat war Quellenführer von Tino Brandt, dem wohl wichtigsten Neonazi in Thüringen in den 90er Jahren und zentrale Figur im NSU-Umfeld. Er ermöglichte den drei mutmaßlichen Terroristen, 13 Jahre unerkannt im Untergrund zu leben.
Zschäpe wollte sich lieber stellen
Zum Zeitpunkt der Fluchtpläne lebten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt bereits ein Jahr im Untergrund. Die Mordserie des NSU hatte noch nicht begonnen. Ob der NSU bereits damals Banküberfälle zur Finanzierung des Lebensunterhalts verübte, ist noch nicht endgültig geklärt. Fest steht allerdings, dass Tino Brandt damals Kontakt mit Thorsten Heise aufnahm, weil dieser Verbindungen nach Südafrika hatte. Heise habe zugesichert, dass er das Trio dort verstecken könne. Diese Info von Brandt legte der ehemalige V-Mann-Führer zu den Akten.
Der Verfassungsschützer erfuhr ebenfalls, dass Zschäpe sich lieber stellen wolle anstatt mit den beiden Uwes ins Ausland zu gehen. Brandt habe ihm berichtet, dass Zschäpe bereits über die Familie Böhnhardt Kontakt zu einem Anwalt aufgenommen habe. Der Szeneanwalt habe bei verschiedenen Behörden nachgefragt, unter welchen Bedingungen eine Rückkehr in die Legalität möglich gewesen wäre. Warum das Trio weiter im Untergrund blieb, ist bislang nicht geklärt. Entscheidend ist jedoch, warum der Verfassungsschutz keine Festnahme des NSU-Trios anstrebte. Der V-Mann-Führer berichtet, dass im Vordergrund immer das Sammeln von Informationen zur Entwicklung der Neonaziszene gestanden habe. Auf Nachfragen bei Tino Brandt wurde deswegen verzichtet. Dass die drei untergetauchten „Kleinkriminellen“ sich zu Schwerverbrechern entwickeln würden, habe sich der Verfassungsschützer nicht vorstellen können. Um Gewaltbereitschaft in der Szene sei es damals sowieso nicht gegangen. Der Schutz der wertvollen Quelle Brandt sei wichtiger gewesen, weil dessen Informationen meist gestimmt hätten.
Zwei V-Männer widersprechen sich
Wie unübersichtlich damals die Neonazi-Szene war, zeigt der Zeuge Kai D. Er war V-Mann des bayerischen Verfassungsschutzes und führender Kopf der fränkischen Neonazis. Kai D. berichtet bei seiner Vernehmung, dass er Kontakt zu Tino Brandt und dem „Thüringer Heimatschutz“ im benachbarten Bundesland gepflegt habe. Die Radikalisierung der Szene dort habe ihn aber gestört, so habe Brandt die Gruppe aus 70 aktiven Neonazis immer wieder zu Gewalttaten angestachelt. Brandt selbst hatte seine Rolle in Thüringen ganz anders dargestellt in der Vernehmung. Dem Thüringer V-Mann-Führer war die Radikalisierung ebenfalls nicht aufgefallen. Kai D. soll kommende Woche weiter vernommen werden.
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