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Tarifverhandlungen: IG Metall fordert mehr Geld und 28-Stunden-Woche

In den bevorstehenden Tarifverhandlungen der IG Metall geht es nicht nur um Geld, sondern auch um mehr Freiheit bei der Gestaltung des Lebens. Das Recht auf eine 28-Stunden-Woche soll jedoch nicht nur Besserverdienenden vorbehalten sein.
von Vera Rosigkeit · 10. Oktober 2017
Beschäftgite sollen bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit mitreden dürfen, fordert der Vorstand der IG Metall.
Beschäftgite sollen bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit mitreden dürfen, fordert der Vorstand der IG Metall.

Ab dem 15. November stehen für die rund 3,9 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie neue Tarifverhandlungen an. Der Vorstand der IG-Metall hat am Dienstag den Tarifkommissionen empfohlen, neben einer Lohnerhöhung von sechs Prozent auch einen Rechtsanspruch auf Verkürzung der Arbeitszeit zu fordern.

28 Stunden ohne Begründungszwang

Konkret sollen Beschäftigte das Recht bekommen, ihre wöchentliche Arbeitszeit für die Dauer von zwei Jahren auf bis zu 28 Stunden zu verkürzen – ohne Angabe einer Begründung. Es soll eine „Wahloption sein und damit ein Stück Freiheit bei der Gestaltung des eigenen Lebens“, erklärte der Vorsitzende der IG Metall Jörg Hofmann am Dienstag in Frankfurt. Dabei soll ihr Vollzeit-Status im Betrieb erhalten bleiben und damit das Recht, auf die ursprüngliche Arbeitszeit zurückzukehren.

Hofmann betonte, dass diese Option nicht nur eine für Besserverdienende sein soll, sondern auch für jene, „wo am Monatssende schon heute das Geld knapp wird“. Deshalb sollen Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit reduzieren, weil sie im Haushalt lebende Kinder oder Angehörige betreuen, einen Entgelt-Zuschuss erhalten. Einen Zuschuss will die Gewerkschaft aber auch jenen gewähren, die in Schichtarbeit oder anderen gesundheitlich belastenden Arbeitszeitmodellen arbeiten und ihre jährliche Arbeitszeit um fünf oder mehr Tage verkürzen.

Arbeit darf nicht krank machen

Noch immer würden die Arbeitszeiten ausschließlich nach den Wünschen der Betriebe und ihrer Kunden ausgerichtet, erklärte Hofmann. Flexibilitätsanforderungen der Arbeitgeber dürften jedoch „keine Einbahnstraße“ sein, die Gesundheit und Vereinbarkeit von Arbeit und Leben gefährden. „Arbeit darf nicht krank machen“, sagte er. Die Mehrheit der Beschäftigten arbeite derzeit länger als vereinbart.

Überstunden, 40-Stunden-Verträge, Arbeitszeitkonten - Unternehmen würden jede Möglichkeit nutzen, Arbeitszeiten zu verlängern. Doch die Mehrheit der Menschen wünsche sich klare Spielregeln und mehr Selbstbestimmung. Das habe eine Beschäftigtenbefragung der IG Metall ergeben. Danach nehme der Wert des Gutes „Zeit“ zu, gerade bei Jüngeren, betonte Hofmann. So seien attraktive Arbeitszeitmodelle ein Werbeargument für die Sicherung von Fachkräften für morgen.

Hofmann schlug zudem zwei weitere Verhandlungsziele in den Tarifgebieten vor: 28 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung sei eine Angleichung der Arbeitszeit in Ost und West überfällig, sagte er. Es müsse gemeinsam mit den Arbeitgebern gelingen, „die Spaltung unseres Landes zu überwinden“. Und für Auszubildende und dual Studierende will die IG Metall einen freien Tag zur Prüfungsvorbereitung pro Prüfungstag durchsetzen.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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