Tag der Arbeit: Andrea Nahles macht sich für Opelaner stark
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Am Tag der Arbeit, dem 1. Mai, sind wieder Hunderttausende Menschen in ganz Deutschland auf die Straße gegangen und haben für die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter demonstriert. Allein an den knapp 500 Veranstaltungen und Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die unter dem Motto „Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit“ stattfanden, nahmen nach eigenen Angaben rund 340.000 Menschen teil.
Mehr Pflegekräfte
SPD-Chefin Andrea Nahles machte sich bei der DGB-Kundgebung in Koblenz für die Angestellten des Autobauers Opel stark. Sie erinnerte den Mutterkonzern PSA daran, sich an gemachte Zusagen zu halten. „Wir brauchen hier eine klare Übernahme der Tarifverträge“, sagte sie. Außerdem drängte sie auf „neue Produkte“ für die Standorte Rüsselsheim und Eisenach sowie „vor allem auch eine Zukunft in Kaiserslautern“. Die französische Firma PSA, die Opel im vergangenen Jahr von General Motors übernahm, hatte zugesagt, den Autohersteller zu sanieren, ohne Mitarbeiter zu entlassen. Ebenso machte PSA Investitionen in deutsche Werke von Zugeständnissen der Gewerkschaften abhängig.
In ihrer Rede warnte Nahles auch vor einem Personalmangel in der Alten- und Krankenhauspflege. Es würden mehr Fachkräfte in diesem Bereich benötigt. „Das wird nur gelingen, wenn wir die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern und die Bezahlung erhöhen“, schrieb sie anschließend auf Facebook. „Gemeinsam mit den Tarifvertragsparteien werden wir Tarifverträge in der Altenpflege flächendeckend für allgemein verbindlich erklären und die Pflegekosten aus dem System der Fallpauschalen in den Krankenhäusern herausnehmen.“ Außerdem sei die hundertprozentige Refinanzierung der Tarifsteigerungen in der Pflege vereinbart worden.
Berufliche Fortbildung gefordert
Ein weiteres Thema, das die SPD-Chefin auf der DGB-Veranstaltung aufgriff, sind die stark gestiegenen Mietpreise für Wohnungen in deutschen Städten: „Wir wollen die Modernisierungsumlage senken, wir wollen die Mietpreisbremse verbessern“, sagte sie in Koblenz. „Ich möchte wissen, wie die Vormiete ist. Die muss offengelegt werden.“
Im Umfeld des Tags der Arbeit äußerte sich Andrea Nahles auch zu dem Milliardenüberschuss der Arbeitslosenversicherung, die ihrer Ansicht nach für Fortbildungsmaßnahmen verwendet werden müsse. „Wenn wir in den kommenden Jahren zusätzliche Spielräume haben in der Arbeitsmarktpolitik, ist für mich sehr klar, wo wir das Geld investieren sollten: in die berufliche Qualifikation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Der Überschuss soll laut SZ in diesem Jahr rund 20 Milliarden Euro betragen. Die Bundesregierung plant, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozent abzusenken.
Unbezahlte Überstunden
Bei der zentralen Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Nürnberg warnte DGB-Chef Reiner Hoffmann die Arbeitgeber vor einer Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes angesichts der Digitalisierung. „Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen ermöglichen längst die Flexibilität, die die Unternehmen brauchen“, sagte er. Die Arbeitszeitsouveränität der Beschäftigten müsse Vorrang vor der Gewinnmaximierung bekommen. Allein die Zahl von 1,7 Milliarden Überstunden lasse keinen Zweifel daran, wie flexibel die Beschäftigten seien. Es sei ein Skandal, dass gut die Hälfte davon nicht bezahlt werde. Er forderte „Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt“.
Hoffmann kritisierte auch die Befristung von Arbeitsverhältnissen sowie Lohndumping. Die Bundesregierung müsse gesetzlich dafür sorgen, dass Tarifverträge weiter gelten, wenn Unternehmen aus der Tarifbindung ausscheren, um Löhne zu drücken, warnte Hoffmann. Der DGB-Chef forderte die Regierung außerdem auf, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Verbesserungen für Beschäftigte – etwa das Rückkehrrecht auf Vollzeit oder die paritätische Finanzierung der Krankenkassen – schnell und vollständig umzusetzen. Auch hinsichtlich der Europäischen Union müsse die Regierung Wort halten: „Europa muss weg von dem Sparkurs, der den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet. Wir brauchen einen echten Kurswechsel in der deutschen Europapolitik.“
Gegen bedingungsloses Grundeinkommen
Bereits am Tag vor dem 1. Mai hatte der Gewerkschaftschef einem bedingungslosen Grundeinkommen eine Absage erteilt. „Menschen mit einer Stillhalteprämie aufs Abstellgleis zu stellen, weil ihnen keine Perspektive in der Erwerbsarbeit angeboten werden kann, ist keine Lösung“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Unterstützung bekam er vom Chef der IG Metall. Die Menschen seien „nicht glücklich, wenn sie daheimsitzen und alimentiert werden“, so Jörg Hofmann in der Heilbronner Stimme. „Sie wollen arbeiten und das möglichst qualifiziert.“ Die Auswirkungen der Digitalisierung dürften nicht auf die Gesellschaft abgeladen werden.